genießen können. Das trifft in jedem Falle zu, und die Opfer der
Gesunden wachsen naturgemäß mit der Schwere und der Dauer der
Krankheit des Arbeitsunfähigen. Freilich ist dieses Verhältnis bei
der Kompliziertheit unserer sozialen Einrichtungen nicht immer augen—
fällig, wenn wit unseren Blick auf Kranke richten, die ein festes und
hohes Einkommen genießen, Leute, die von ihrem' Gelde leben; für
jedermann erkennbar aber wird die Tatsache, wenn ein Maun der
Arbeit, der Ernährer seiner Familie, aufs Krankenlager sinkt und
Weib und Kinder mit ihren unzureichenden Kräften die Mittel nicht
nur für den eigenen Unterhalt, sondern auch für die Pflege des
teuren Kranken aufbringen müssen.
Krankheit bedeutet nicht nur eine ernste Schädigung der Erwerbs—
interessen uͤnserer Nächsten, sie bedeutet auch Kummer und Sorge
für alle diejenigen, welche dem Kranken in inniger Liebe zugetan sind.
Wer sich bewuüßt ist, daß sich ein Paar treue Augen mit Tränen
füllen werden, wenn er sich auf seinem Krankenlager in Schmerzen
windet, daß ein kummervolles Antlitz an seinem Bette lange Nächte
wachen, daß ein Herz bei jeder Verschlimmerung seines Zustandes
erziktern und bei seinem Tode brechen wird, der sollte wahrlich mit
seiner Gesundheit vorsichtig umgehen und dieses unsägliche Elend
wenigstens nicht leichtfertig oder mutwillig über Menschen bringen,
deren aufopfernde Liebe er durch Taten weder verdienen noch be—
lohnen kann. Sich gesund zu erhalten, ist nicht bloß eine Vorschrift
der Klugheit sondern eine Pflicht der Nächstenliebe. Der Mensch,
dessen Antlitz von Gesundheit strahlt, aus dessen Augen Kraft und
Frohsinn leuchten, verbreitet durch sein bloßes Erscheinen gute Laune
ünd Heiterkeit um sich und ist ein so angenehmer Anblick wie eine
von der Sonne beschienene Landschaft.
P. v. Gizyki, Der neue Adel.
18. Tãligkeit und Erholung.
Zu den Lebensbedürfnissen des Menschen gehört auch eine geregelte
Tätigkeit. Ein träger Körper erleidet, selbst bei sorgsamer Pflege,
eine Einbuße an seiner Gesundheit, und die durch Untätigkeit ver—
ursachte Langweile treibt leicht zu sittlich und gesundheitlich ver—
werflichen Ausschreitungen, deren Folgen Trunksucht und andere Laster
sind. Anderseits verlangen Körper und Geist eine regelmäßige Er—
holung und Ruhe nach der Arbeit, damit nicht Leistungsfähigkeit
uͤnd Widerstandskraft Schaden leiden und übermäßige Reizbarkeit,
Abspannung, Schlaflosigkeit, Kopfschmerz, sowie vorzeitiger Kräfte⸗
verfall sich einstellen.
Die Pflege der Gesundheit erfordert ein richtiges Verhältnis zwischen
Tätigkeit und Erholung, für das sich jedoch allgemeine Vorschriften
nicht aufstellen lassen, weil Arbeitskraft und Erholungsbedürfnis bei
jedem Menschen verschieden sind. Vor allem ist es für die Gesund—
Voigt, Lesebuch für Handelsschulen. Kleine Ausgabe.