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gab. Um den Anbau der Obstbäume allerorts zu fördern, führte er
uf seinen Reisen stets einen Vorrat von Obstkörnern der besten
Sorten mit sich und verteilte sie; außerdem verordnete er, daß jedes
Ehepaar, welches Grund und Boden besaß, bald nach seiner Trauung
einige Obstbäume anpflanzen mußte. Durch ihn wurde in Sachsen
das sogenannte Franzobst heimisch. Den Weinbau hob er dadurch,
daß er veredelte Weinreben aus Frankreich und anderen Weinländern
kommen ließ. Nicht mindere Sorgfalt verwendete er auf die Wal⸗
dungen, die immer in bestem Stande erhalten wurden; eine gleiche
Aufmerksamkeit schenkte er der Bienenzucht. Ebenso verdankt ihm
das Bergwesen einen nicht geringen Aufschwung. Bei seinem Eifer
für die Hebung der Gewerbe waren ihm vorzüglich die 20000 Nieder⸗
länder villkommen, die — um des Glaubens willen durch Herzog
Albas Tyrannei aus ihrem Vaterlande vertrieben — der Tuch⸗
Leinen- und Zeugweberei in Sachsen wichtigen Aufschwung verliehen.
Künste und Wissenschaften fanden an ihm einen hohen Förderer und
Beschutzer, da er es wohl erkannte, daß die materiellen Kräfte des
Slaates zur Wohlfahrt nicht ausreichen, wenn nicht die Bildung
des Volkes gleichmäßig gefördert wird.
Darf man sich daher wundern, wenn unter einem solchen Fürsten
die Felder und Wiesen immer fröhlicher grünten, die Obstbäume
prangten und wohlgeordnete Forste entstanden? Darf man sich
wundern, wenn der Segen des Bergbaues immer reicher floß, der
Handwerker munter und lustig sich regte, des Kaufmanns Betrieb—
samkeit wuchs und Künstler und Gelehrte sich ermutigt fühlten? Darf
man sich wuͤndern, daß die dankbaren Unterthanen den Kurfürst gar
bald „Vater August“ nannten? Und wie hoch August unter seinen
Zeitgenossen dastand, davon zeugt, daß man ihn des „römischen
Reiches Herz, Auge und Hand“ nannte.
Ganz desselben Sinnes wie der Kurfürst war auch seine Gemahlin
Anna, eine Tochter Christians III. Königs von Dänemark. Sie
war sparsam, wie er; sie ging sogar zuweilen in eigener Person auf
den Markt, um sich nach den Preisen der Lebensmittel genau zu er—
kundigen; sie ließ auf dem Ostravorwerke zu Dresden die schönsten
Kühe anschaffen; sie butterte bisweilen daselbst und erkundigte sich
nach allen wirtschaftlichen Angelegenheiten, sie war es, von welcher
man sagte, der Arme habe mit ihr einen Beutel, eine Küche und
in polhele. und welcher man den Ehrennamen „Mutter Anna“
eilegte.
Im Sinne dieses edlen Fürstenpaares handelte Barbara Uttmann,
die Frau eines Ratsherrn zu Annaberg, welche seit 1561 den Mädchen
dieser Stadt das Spitzenkloͤppeln lehrte, das sie wahrscheinlich in den
Niederlanden gelernt hatte.
Noch erinnert uns manches an die Segnungen jeuer friedlichen
Regierung. Es entstand in dieser Zeit das stattliche Schloß Augustus—
burg mit dem berühmten Brunnen. Der Königstein wurde befestigt;
in Dresden selbst wurden die Kreuzschule und die Annenkirche erbaut,