Full text: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

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fuhren hastig mit den Federn über die blauen Briefbogen, um noch 
die letzten züge vor dem Schlusse des Kontors und der Post zu 
thun. Nur einer der Herren, welcher zunächst der Thüre saß er— 
sich und fragte in kühlem Geschäftstone: „Was steht zu Ihren 
iensten?“ 
vn die schüchterne Erklärung Antons, daß er Herrn Schröter 
zu sprechen wünsche, trat aus dem zweiten Kontor ein großer Mann 
mit faltigem Gesicht, mit stehendem Hemdkragen von sehr englischem 
Aussehen. Anton sah schnell auf das Antlitz, und dieser erste Blick, 
so ängstlich, so flüchtig, gab ihm einen guten Teil seines Mutes 
wiedern Er erkaunte alles darin, was er in den letzten Wochen so 
oft ersehnt hatte, ein gütiges Herz und einen redlichen Sinn. Und 
doch sah der Herr streng genug aus, und seine erste Frage klang kurz 
und entschieden. Anton faßte schnell nach seinem Briefe, nannte seinen 
Namen uͤnd erzählte hastig und mit stockender Stimme, daß sein 
Vater gestorben sei, und daß er den Herrn von seinem Totenbette 
grüßen lasse. 
Wie ein freundliches Licht flog es über das Auge des Kaufmanns; 
er öffnete den Brief schweigend, las ihn langsam durch, reichte dem 
bewegten Anton die Haͤnd und sagte: „Seien Sie mir willkommen!“ 
Darauf wandte er sich zu einem der schreibenden Herren, welcher einen 
grünen Rock trug und einen grauen Überzieh-Armel um den rechten 
Arm gebunden hatte: „Herr Anton Wohlfahrt tritt von heute an in 
unser Geschäft.“ Einen Augenblick hörten die sechs Federn auf zu 
rennen, und ihre Lenker sahen im Tempo nach Anton hin; der Chef 
aber fuhr, zu Anton gewandt, fort: „Sie werden müde sein. Herr 
Jordan wird Ihnen Ihr Zimmer anweisen, ruhen Sie heute aus, 
morgen das Weitere.“ 
Nach diesen Worten wandte er sich mit leichtem Kopfnicken ab 
und ging zu seinem Sitze im zweiten Kontore zurück, wo ebenfalls 
sechs Federn über das blaue Papier fuhren und jetzt mit solcher 
Schnelligkeit, daß sich der Federbart vor Entsetzen sträubte, denn die 
alte Wanduhr hatte zum Schlage bereits ausgehoben. 
Nur der Herr im grünen Rock streifte den grauen Armel ab, 
strich ihn sorgfaͤltig glatt, schloß ihn mit einem Haufen Papier in 
das Pult und lud Änlon ein, ihm auf das Zimmer zu folgen Wieder 
schritt Anton durch die Thüre des Kontors, in welchem er nur zehn 
Minuten gewesen war; aber er war ein andrer Mann geworden, sein 
Schicksal war entschieden, er hatte jetzt eine Heimat, er gehörte in 
das Geschäft. Gustav Freytag. 
15. Die Beamten der Firma D. O. Schröter. 
Der oberste der Beamten war der Buchhalter, Herr Liebold. 
Er thronte als gebeimer Minister des Hauses an einem Fenster des 
weiten Kontors in einsamer Majestüt und geheimnisvoller Lhätig- 
keit. Unaufhörlich sehrieb er Zahlen in ein grosses Buch und
	        
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