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Der Wald übt ferner einen mächtigen Einfluß auf die Bildung
der wässerigen Niederschläge, Tau, Nebel, Regen, Schnee und Ge—
witter. Die Verdunstung geht im Walde viel langsamer und gleich—
mäßiger vor sich als auf dem offenen Felde; die entstehenden Wasser⸗
dämpfe werden nicht so rasch verweht und können sich der nur mäßigen
Wärme wegen nicht in sehr großer Menge im dunstförmigen Zustande
erhalten und ansammeln. Jede Abkühlung der Luft veranlaßt Nieder—
schläge derselben in Form von Tau, Nebel, Regen oder Schnee.
Wässerige Niederschläge treten daher in waldreichen Gegenden viel
häufiger und regelmäßiger ein als in waldarmen. Ebenso ist die
Zahl der Gewitter in waldreichen Gegenden größer als in waldarmen,
ihre Heftigkeit aber geringer und Beschädigungen durch Hagel seltener.
Die Baͤume mit ihrem großen Feuchtigkeitsgehalt und ihren, den
Wolken zugerichteten Spitzen dienen als Elektrizitätsausgleicher zwischen
der Luft und dem Boden, verhindern also eine zu starke Anhãäufung
der Elektrizität und die p Entladung verheerender Gewitter.
Durch den Einfluß, den der Wald auf die Bildung der wässerigen
Niederschlge und das Abfließen derselben von den Bergen übt, wirkt
er sehr günstig auf die Bildung der Quellen und auf den Wasserstand
in den Bächen und Flüssen. Waldreiche Gegenden haben nicht nur
mehr, sondern auch reichere und ausdauerndere Quellen als waldarme.
Der Wald nimmt auch thätigen Anteil an der Exhaltung einer
gleichmäßigen Zusammensetzung der atmosphärischen Luft und übt
dadurch, sowie durch die Mäßigung der Temperaturwechsel einen
günstigen Einfluß auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der
Menschen. Die großen Blattmassen des Waldes wirken kräftig mit
bei der Umgestaltung der durch das Ausatmen der Menschen und
Tiere, durch Verbrennung, Gärung und Fäulnis erzeugten Kohlen—
säure. Die Blätter saugen dieselbe auf, zerlegen sie unter der Ein—
wirkung des Lichtes, verwenden den Kohlenstoff zum Aufbau der
Pflanzen und geben den zum Leben unentbehrlichen Sauerstoff der
Luft zurück. — Wer hätte nicht schon den wohlthuenden Einfluß
gefühlt, den die frische Waldluft auf Körper und Geist ausübt, wenn
man der Stube, der staubigen Straße oder dem offenen Felde zu
entrinnen vermag, um sich in stiller Waldeinsamkeit eine Stunde
der Erholung zu gönnen.
Endlich sagen wir vom Walde: er übt einen mächtigen Einfluß
aus auf die Annehmlichkeit und Schönheit jeder Gegend. Wo Wal—
dungen fehlen, sieht das Land — selbst im Frühling und Sommer —
öde und leer aus; der Blick schweift ermuüdend über die kahlen Höhen
hinweg und findet selbst in den freundlichen, saftiggrünen, aber baum—
losen Wiesenthälern keine volle Befriedigung und keinen Ruhepunkt.
Die schönsten Fruchtfelder können den Wald im Bilde einer Land—
schaft nicht erseßen. Und wenn vollends der Winter die baumlose
Gegend in sein alle Unterschiede verwischendes Leichentuch hüllt, dann
bietet sie einen trostlosen, das Gemüt düster stimmenden Anblick —
Zu großer Waldreichtum verleiht der Landschaft einen ernsten, finstern