Full text: Lesebuch für die ländlichen Fortbildungsschulen der Provinz Ostpreußen

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Zunächst ein Beispiel: 
Im Anfang des 18. Jahrhunderts wurden in der Nähe von Posen deutsche 
Bauern aus dem bayrischen Stift Bamberg angesiedelt. Ihre Nachkommen 
sind heute noch äußerlich sofort als Deutsche zu erkennen; die Frauen tragen 
sogar noch ihre Nationaltracht, aber das Herz dieser deutschen Männer und 
Frauen ist voll Haß gegen alles, was deutsch ist; ihrer Gesinnung nach, ihren 
Interessen nach und auch ihrer Sprache nach sind sie Polen geworden. Sie 
dienen nun nicht mehr der preußischen Sache, sondern der polnischen Sache, 
die mit der preußischen unvereinbar ist. Siegt die eine, so geht die andere unter. 
Woher kommt das? Waren die Bamberger ganz vereinzelt unter lauter 
Polen? Nein, sie sind in größeren Massen angesiedelt worden. Hatten sie 
keine deutschen Schulen? Anfangs wohl, aber später leider nicht mehr. Die 
Polen haben ihnen im Angesichte der Eltern und aller anderen guten Deut— 
schen, ja selbst der Regierung ihre deutsche Schule verkümmert und sie mit 
Absicht zu Polen werden lassen. Wie denn das? Nun, hört mal: Von 
1830 1850 meldete der Propst, der damals Seelsorger der Bamberger war 
(sie waren Katholiken und Propst Kamiensky, ein Pole, Seelsorger von lauter 
Deutschen!), daß die Bamberger Schulen nur von Deutschen besucht würden; 
trotzdem trug er 1851 den Lehrern auf, die Kinder in der Religion polnisch 
zu unterrichten und ihnen auch Gebete in polnischer Sprache beizubringen. 
Wenn sie es nicht verstehen, meinte er, so sei das kein Unglück, wenn sie es 
nur können. 1858 gaben bereits 23 Deutsche im Dorfe Wilda auf Kamienskys 
Veranlassung an, daß sie wünschten, ihre Kinder möchten gründlich im Pol— 
nischen unterrichtet werden. 1880 gaben alle katholischen Deutschen in Wilda 
an, sie seien polnischer Nationalität und wollten den Religionsunterricht auf 
keinen Fall in deutscher Sprache erteilt haben. Man denke! 
Heute geben sich die Bamberger bei allen Zählungen als Polen an, 
wählen Polen in den Reichstag usw., kurz, sie scheinen dem Deutschtum un— 
wiederbringlich verloren zu sein. Seht, solche Macht haben in der Ostmark 
ein paar polnische Geistliche! Die polnischen Gutsbesitzer unterstützen die 
Geistlichen bei dieser Arbeit in jeder Weise, und die Deutschen helfen leider 
Gottes oft noch mit, wenn sie Katholiken sind. Die polnischen Gutsbesitzer 
suchen vor allen Dingen den deutschen Bauer überall zu verdrängen und 
den Zuzug von polnischen Bauern überall zu begünstigen. Sie siedeln nur 
Polen auf ihren Gütern an, sowohl Bauern wie Arbeiter; und sie kaufen 
besonders gern deutsche Güter und besiedeln sie mit Polen, nachdem sie die 
Deutschen entlassen haben. Dabei werden die Gutsbesitzer durch manche 
günstige Umstände gefördert. Erstens werden mehr Polen geboren als Deut— 
sche, zweitens haben die Polen beständigen Zuzug aus Rußland und Oster— 
reich, und drittens ziehen die Deutschen nach Westen fort, wo sie günstigere 
Lebensbedingungen finden. 
Aber nicht nur die Geistlichen und Wligen der Polen wirken in der 
geschilderten Weise, jeder einzelne Pole trägt sein Scherflein dazu bei, das 
Deutschtum zugunsten des Polentums zurückzudrängen.
	        
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