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Um die Schüler anzuregen, machte er ihnen begreiflich, wie sehr
sie, wenn sie fleißig wären, es felbst in der Hand hätten, ihre Zukunft
glücklich zu gestalten, und suchte besonders ihr sittliches Verhalten vor—
teilhaft zu beeinflussen. Namentlich wandte er den zahlreichen Schülern
von außerhalb, die meist ohne Eltern, oft sogar ohne jeden Familien—
anschluß hier weilten, eine ganz besondere Fürsorge zu. Es war
rührend, wie er sich in dem Ton eines Vaters mit ihnen beschäftigte,
wie er sie in so überaus zarter und eindringlicher Weise ermahnte, doch
ihr Verhalten so einzurichten, daß sie ihren in der Ferne weilenden
Eltern dadurch nur Freude machten, wie er sie fragte, ob sie auch
regelmäßig Briefe an sie schrieben, und wie er es ihnen zur Pflicht
machte, dies ja recht häufig zu tun. „Denkt daran“, sagte er zu ihnen,
„welche Sorge eure Eltern um euch haben, und macht ihnen in der
Fremde keine Schande.“ Dann fragte er sie, ob sie hin und wieder
auch den Gottesdienst besuchten, und, um ihnen ein Beispiel zu geben,
sagte er bei solcher Gelegenheit: „Ich komme soeben von der Kirche zu
euch. Ihr besuchtet doch auch die Kirche?“ Die Macht dieses edeln
Beispiels verfehlte ihren Eindruck auf die jugendlichen Gemüter nicht.
So steigerte sich das Interesse des hohen Gönners und seiner Ge—
mahlin für diese Anstalt von Jahr zu Jahr; in derselben Weise nahm
aber auch das Interesse der Schüler zu, wuchsen ihre Freude und ihre
Lust an den Arbeiten; wußte doch der fürstliche Gönner der Anstalt,
sie durch einen freundlichen Blick, durch ein herzliches Wort aufs treff—
lichste anzuregen; hatte er doch allen Strebsamen und Fleißigen die
Aussicht eröffnet, daß jedem von ihnen, sofern er nur gewissenhaft und
treu die verschiedenen Klassen der Anstalt durchmache, der Besuch der
Kunstschule und des Kunstgewerbe-Museums als schönster Lohn winke.
Die innige Anteilnahme des Kronprinzen an dem Wachsen und
Aufblühen der Anstalt gab deren Leiter im Jahr 1885 den Mut,
den fürstlichen Gönner zu bitten, das Amt eines Prüfungskommissars
für die Fortbildungsschule zu übernehmen. Mit großer Bereitwillig—
keit ging der Kronprinz darauf ein, und nun sollte auch der Vor—
wurf der Gegner entkräftet werden, als wäre bei den bisherigen
Prüfungen alles vorbereitet, also nur auf die Anwesenheit des hohen
Besuchs zugeschnitten gewesen. Es gab keinen strengern Prüfungs—
kommissar als den Kronprinzen; er griff das Material beliebig aus
den Pensenbüchern, in welchen die während des Jahrs behandelten
Lehrstoffe verzeichnet waren, heraus. Aber er begnügte sich nicht damit.
Um ein ganz genaues und der Wahrheit entsprechendes Bild von den
Leistungen der Anstalt zu gewinnen, bat er sich zu wiederholten Malen
die schriftlichen Prüfungsarbeiten der Schüler behufs persönlicher Durch-
sicht aus und sagte dabei einmal, dieselben seinem Adjutanten über—
reichend: „Da haben wir auch eine Schulmeister-Arbeit vor uns“. Die
Korrekturen besorgte er selbst und zwar mit peinlichster Sauberkeit, und