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Dritter Teil. Unser Vaterland.
die Mauern des Klosters das sogenannte hHospiz. Das ist das älteste
Predigerseminar unserer Landeskirche. Man nennt es wohl im Scherze
die „Superintendentenschule“; denn zwölf ausgesuchte Kandidaten des
Predigtamtes, durchweg tüchtig und begabt, und daher oft später
zu Superintendenten berufen, empfangen hier zwei Jahre lang eine
wissenschaftliche und praktische Ausbildung für das geistliche Amt.
hier wird scharf gearbeitet, sowohl theoretisch, wie praktisch. Es
ist, als ob der Geist der alten arbeitsamen Zisterziensermönche, die
einst das Kloster gründeten, hier noch immer umginge. Wer waren
diese Zisterzienser? Woher kamen sie? Was wollten sie?
2. Der Benediltinerorden, der die ersten Mloͤster in
unsern heimatlanden gründete, blieb leider später nicht, was er einst
gewesen war. Der Besitz wuchs, und die Frömmigkeit schwand. Es
fehlte Mönchen und Nonnen an reeller ärbeit. Dazu
waren Zusammenschluß unter den Klöstern, sowie die
Aufsicht mangelhaft. Da setzte im 12. Jahrhundert in dem
Zisterzienserorden eine völlig neue Bewegung ein. Sie ging
vom Kloster Cistercium in Frankreich aus, verbreitete sich aber unter
dem edlen Bernhard von Clairveaurx über ganz Europa, be—
sonders auch nach Niedersachsen. Es gab in der Welt bald über
800 Zisterzienserklöster. Jedes Mutterkloster setzte seinen höchsten Kuhm
darein, ein oder mehrere Tochterklöster zu gründen, übernahm dann
aber auch die unbedingte Verpflichtung, durch seinen Abt, den
„Vaterabt“, strenge Aufsicht zu üben. So war Altenkampen bei
Köln das Mutterkloster für den deutschen Nordwesten, für Walken—
ried und Michaelstein im harz, Amelungsborn am Solling, harde—
hausen in Westfalen und Volkerode im Eichsfeld. Von diesen
stammen wiederum (lin gleicher Reihenfolge) 4 Tochterklöster ab:
Schulpforta in Thüringen, Riddagshausen (mit Isenhagen) bei Braun—
schweig, Scharnebeck im Stadeschen und Loccum. Als in Loccum
der Graf von halremunt seine Güter für einen Klosterbau gestiftet
hatte, da sandte Kloster Volkerode nach Loccum einen Abt mit „zwölf
grauen Mönchen“. Mit nie gesehener Energie, mit militärischer
Disziplin faßten sie ihr Werk an, „tief gewurzelt in der Religion,
fleißig in der Arbeit, treu ihren Aufträgen“. Mit eiserner Zucht
hatten die Zisterzienser ihr ganzes Leben geregelt. Wachen und
Schlafen, Arbeit und Erholung, Reden und Schweigen: alles war
aufs genaueste geordnet. Um 2 Uhr früh begann nach dem Gebete
die Arbeit im hause und im hofe, in Feld und Wald. Schweigend
zogen sie zur Arbeit, schweigend arbeiteten sie. Ihre Kleidung aus
grobem grauen Tuche bestand lediglich aus Rock und Kutte; hemd
und hose fehlten, Beinkleider waren nur beim Reiten gestattet.
Lederne Fußbekleidung und handschuhe waren verboten. Bei den
zwei Mahlzeiten des Tages gab es höchstens zwei Gerichte, aber
weder Fett noch Fleisch, außerdem für jeden ein Pfund Schwarzbrot.
Schweigend nahmen sie das Mittagessen ein, während einer vorlas.
Ihr Nachtlager bestand aus Stroh mit einer Decke darüber; darauf