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Dritter Teil. Unser Vaterland.
gezeigt wird, der Arme Almosen, wenn möglich aber statt des Almosens
Arbeit. So marschierten die grauen Mönche an der Spitze der deutschen
Kultur auf dem Lande, so förderten sie durch ihr Beispiel Wirt—
schaftlichkeit, Sparsamkeit und Genügsamkeit, so sind fie die Arbeiter—
und Bauernmönche des Mittelalters geworden.
Wilhelm Rothert.
4. Die territorialen Grundlagen Niedersachsens.
1. Infolge der Reichsacht, die über heinrich den Löwen ver—
hängt war, wurde am 13. April 1180 auf der Kaiserpfalz zu Geln—
hausen das herzogtum Sachsen aufgelöst und an verschiedene Fürsten
und herren verteilt. Das Land links der Weser kam als herzogtum
an den Erzbischof von Köln. Ihm unterstanden zunächst auͤch die
Bischöfe von Osnabrück, Minden und Münster. Kber diese sowohl
wie verschiedene westfälische Grafen und Fürsten machten sich nach
und nach von der Oberhoheit des Kölner Erzbischofs frei und übten
selbst die Landeshoheit in ihren Gebieten. Das östliche Sachsen mit den
alten sächsischen Marken kam an Bernhard von Anhalt, den Sohn
Albrechts des Bären. Er führte den Titel herzog von Sachsen und
übertrug damit den Namen Sachsen auf die Sebiete der heutigen
Provinz und des Königreichs Sachsen. Für die Länder zwischen
Weser und Unterelbe ging indessen die Bezeichnung
Sachsen verloren. Die hier gebietenden Fürsten beugten sich
keinem neuen herzoge. Die Erzbischöfe von Bremen und Magdeburg,
die Bischöfe von Verden, hildesheim und halberstadt erhielten endgültig
alle diejenigen Reichsgüter und Lehen, die innerhalb ihres Gebiets bis
dahin dem herzoge zur Besoldung überwiesen waren. Damit verknüpf—
ten sich natürlich auch alle Rechte, die sonst dem herzoge zustanden. So
erweiterten sie ihre Gebiete und wurden reichsunmittelbar wie schon vor
ihnen die weltlichen Fürsten. Dasselbe geschah mit den Gebieten solcher
herren, die vordem als Lehensträger des Herzogs galten, wie die
Grafen von Oldenburg, Schaumburg, hoya, Diepholz, Lippe, Blanken—
burg, Dassel, Wölpe, Wunstorf u. a. Lübeck ward freie Reichsstadt.
Das gleiche Recht erwarben sich Bremen, Hhamburg und Nordhausen.
Stade kam an den Erzbischof von Bremen. heinrich dem Löwen
blieben nur die ererbten northeimischen, brunonischen, supplingen—
burgischen und billungischen Güter, d. i. im wesentlichen das Göt—
tingen⸗Grubenhagensche, das Braunschweigische, das Kalenbergische und
das Lüneburgische.
2. heinrichs des Löwen drei Söhne teilten ihre väterlichen Erb—
lande, die nichts mehr waren als ein Allodialbesitz. Und sie wären zu
voller Bedeutungslosigkeit herabgesunken, hätte nicht Otto, das Kind
von Lüneburg, der Enkel heinrichs des Löwen, sich mit Kaiser Fried—
rich II. ausgesöhnt und damit den Streit zwischen Staufen und Welfen
endgültig beseitigt. Am 15. August 1235 trat Otto von Lüneburg
auf dem Reichstage zu Mainz vor den Thron des Kaisers und entsagte
feierlich mit gebeugtem Knie allem haß und Groll, den er und seine