Full text: Der Unterricht in der Erdkunde

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ferner Mandeln, Aprikosen, Citronen u. s. w. sind einheimisch 
und der Weinstock bekleidet die sonnigen Halden der Berge. Im 
Norden macht der lange, strenge Winter die Vegetation erstarren, 
die Zahl der Gattungen ist gering; die Wälder bestehen im südlichen 
Theil der kalten Zone aus Lerchen, Fichten und Birken, die gegen den 
Pol immer mehr zusammenschrumpfen. Gerste, Roggen und Haber 
sind die Getraibearten, die höchstens bis 70° gebaut werden, und 
wenn auch die heißen Sommertage die Erde wie durch einen 
Zauberschlag mit einem grünen Pflanzenreppich überziehen, so 
finden doch nur die härtesten Gewächse ihr Fortkommen, sinken 
allmälich zur verkrüppelten Zwerggestalt herab, nur noch Beeren¬ 
arten gedeihen, bis in der schauerigen Oede nichts als Flechten 
und Moose ein kümmerliches Dasein finden, und zuletzt nur nackter 
von ewigem Schnee bedeckter Boden zu sehen ist. Es kommen 
aber außer den climatischen auch die orographischen und geogno- 
stischen Verhältnisse hier in Anschlag. Das Hochgebirge bietet 
andere Pflanzenverhältnisse dar, als die Tiefebene, das Stusen- 
Land andere als die Steppe und das Marschland, der Urgebirgs- 
Sand andere, als das aufgeschwemmte Land, der trockene Kalk¬ 
boden andere, als der fette Märgel, der Kreidefelsen andere, als 
die vulkanische Asche u. s. w. 
Auch hier müssen wir wiederum einen Mißgriff vieler und 
der verbreitetsten geographischen Handbücher rügen. Sie erkennen 
es zwar an, daß bei der Beschreibung eines Landes auch die 
Flora berücksichtigt werden müsse, stellen sie aber unter Gesichts¬ 
punkten dar, welche der Geographie fremd sind. Sie rubriziren 
ihren Stoff nach einem botanischen System und zählen die Pflanzen 
eines Landes nach den 24 Linne'schen Classen auf. Hiebei waltet 
ein doppelter Irrthum ob: fürs Erste braucht die Geographie 
nicht alle Pflanzen anzuführen, sondern nur die für ein gewisses 
Lokal charakteristischen, also eines Theils die am häufigsten vor¬ 
kommenden, andern Theils diejenigen, welche nur hier, an anderen 
Orten aber gar nicht, oder nur selten oder in anderen Arten 
vorkommen. Fürs Zweite sind bei der Aufzählung streng geographische
	        
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