Von Siegfried und Kriemhilde.
viele herzu, die den Helden lieb gehabt, und weinten mit ihr, auch
Gunther erschien mit den Seinen und heuchelte Beileid. Als aber der
grimme Hagen an die Bahre trat, da brach aufs neue das Blut aus
der Wunde hervor, nun wußte die Witwe, wer der Mörder war.
Am dritten Tage ward der Leichnam in die Gruft gesenkt, Sieg-
frieds Mannen zogen heimwärts, Kriemhilde aber blieb tieftrauernd in
Worms, um dem geliebten Toten nahe zu sein. Drei Jahre lang würdigte
sie Gunther und Hagen keines Wortes, dann aber versöhnte sie sich mit
^rem 9BrubeL seinen Rat ließ sie den Nibelungenhort nach Worms
Hortes, bringen und füllte ihre Tage damit aus, Arme und Elende von den
Reichtümern zu unterstützen. Aber Hagen fürchtete, sie werde dadurch sich zu
viele Freunde erwerben; er nahm ihr den Hort und versenkte ihn in die
Tiefen des Rheins. Nun beherrschte Kriemhilde nur noch ein Gedanke:
Rache zu nehmen an dem schändlichen Hagen.
C. Kriemhildes Wache.
In der Zeit, als Kriemhilde zu Worms um Siegfried trauerte,
starb im fernen Hunnenlande König (5'izels Gemahlin Helche. Der
König beweinte sie drei Jahre, dann sandte er den edlen Markgrafen
Ebels Wer- Rüdiger von Vechlaren nach Worms und ließ um Kriemhildes Hand
Kriemhilde. werben. Lange war sein Werben umsonst. Da gelobte er ihr, Siegfrieds
Tod zu rächen, und sie willigte ein.
Mit Rüdiger zog nun Kriemhilde, gefolgt von ihren Jungfrauen
und wackern Mannen, nach dem.Hunnenlande. An der Donau begrüßte
sie Etzel und hielt mit ihr aufs glänzendste Hochzeit zu Wien. Darauf
geleitete er sein junges Weib nach der Edelburg. Hier hielt sie mit
ihrem Gemahl Hof und schenkte ihm einen Sohn. Doch aller Glanz und
alles Glück vermochten nicht, den tiefen Schmerz um Siegfried aus ihrem
Herzen zu bannen.
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Zug der Bur- Nach langer Zeit sandte Etzel auf Kriemhildes Wunsch zwei Boten
d^n?Hunnen- 3U König Gunther und ließ die Burgunden, die nach der Versenkung des
lande. Hortes auch Nibelungen heißen, zum Besuche auf die Etzelburg einladen.
Wiewohl Hagen widerriet, brachen die königlichen Brüder mit ihren
Mannen und vielen Knechten auf. Am Donaustrome gewahrte Hagen
drei Wassernixen, die weissagten ihm: „Von euch allen wird nur der
Kaplan die Heimat wiedersehen." Als man über die Donau setzte,
wollte Hagen die Wasserfrauen Lügen strafen und warf den Priester ins
Wasser, um ihn zu ertränken; aber die Wellen trugen ihn ans Land,