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sehöne Werke barmherziger Bruderliebe gesehen; wie mancher hat wie im
Hede vom braven Mann bochberzig sein Leben für das Leben der Bedrängten
eingesetzt, wie mancher die Hungernden und Prieèrenden gesãättigt und be—
Heidet. Und als die Gröbe des Unglücks bekannt wurde, da ergriff ein
dle Weneifer au helfen und zu trösten das ganze Volk. Hat doch die
eine Stadt Hamburg über 300 000 A hergegeben, und in Sehleswig· Holstein
ilein nd d an freiwilligen Besträügen zusammengeflossen. Und
ilnlieh brte es vieh im gapzen groben Vaterlande; selbst unsere Kaum zu
uns rückgekehrten Brüder im Elsaß spendeten mit offenen Händen. Das
chueint vie cin freundliches Licht durch das Dunkel; und wie herbe auch
das Unglück gewesen ist, aus dem Menschenleid und Jammer wuchs trost-
voll die edle Blũüte der Menschenliebe empor.
13. Die Lüneburger Heide.
Heinrieh Jastram.
I. Die Lüneburger Heide zieht sieh von Südost nach Nordwest zwischen
Ilbe und Weser hin. Da ihr Abfall gegen Norden steiler ist als gegen
Suden, so erscheint sie dem Wanderer, der von Norden kommt, als ein aus-
gedehnter, blauer Gebirgsstreif, aus dein die Flüsse ziemlich sehnell in tiefen
Talern ibin entgegenkomnmen. Näbert er sich ihr aber von Süden, s0 sieht
r nichto als eine endlose Ebene vor sieh, deren Flüsse sich langsam dureh
cinen breiten Rand von Sümpfen und Möoren zur Aller hinabwinden. Auf
der Höhe vind Quellen und Moore; aus den Abhängen aber quillt das
Wasser der meist Rlaren Heidebäcoe. Es ist nicht zu leugnen, daß sieh die
Heide sehr einförmig darstellt, ja, mit ihren weiten Getreide-, VWald-, Heide-
und Moorstrecben, öhne Berg und Tal, recbht ermüdend für das Auge eines
Vergnügungsreisenden sein Lann.
Dud doeh müssen wir sagen: Es hat aueh die Heide ibre Schönbeit.
Es ist ein eigentüũmlicher Reiz, dabß hier keine Schranken den Gesichtskreis
verengen und die freie, endlose Aussicht beeinträchtigen. Auch hat die Heide
wirklehe landschaftliche Schönheiten. Wie herrlich ist hier nieht ein klarer,
frischer Wintertag, wenn sich die dunkelgrünen Aste und Wipfel aus dem
unabsehbaren Schüeeteppiebe hervorbeben! Oder wenn man die weite Ebene
im Morgenlichte erglänzen sieht, oder wenn die Abendsonne das braune
Heidekraut und hieèr und da eine Birkengruppe auf einem Hügel mit gol-
digem Glanze färbt, und in weiter Perne ein dunkler Föhrenwald auftaucht;
dann erfährt man es erst. dab auch die Heide ibhren Schmuek von Gott er-
halten hat.
Auch viele Dörfer haben ein einladendes, freundliches Ansehen und
kündigen sieh schon von weitem durch ihre waldige Umgebung an. velbst
in den einsamsten Sandgegenden wird der Wanderer sehr oft erfreut durch
Gruppen von Kiefern, deren rauschende Wipfel in der einsamen Landschaft
ihn an die Hochebenen des Harzes erinnern. Wer die Heide zum ersten
Male betritt, den überfällt unwillkürlich das Gefühl des Alleinseins, und er
sieht, dab er hier einsamer ist als in den meisten Gegenden Deutschlands.
Wer sieh die Heide vom Eisenbahnwagen aus ansieht, erblickt freilich nur
eine weite Fläche; denn die Bisenbahn hat die geradeste, ebenste Strecke
aufgesucht, und er denkt nicht daran, daß die Nebenwege abwechselnder,
besser angebaut und mit freundlichen gröberen und kleineren, meist ganz
woblhabenden Dörfern besetzt sind. Nicht minder einsam mag aber die
Heide dem Fubgänger erscheinen, wenn er stundenlang wandert, ohne ein
Dorf zu treffen, oder wenn er sieh gar verirrt. Mub er doch meilenweit in
glühendem Sande waten, ohne einen andern Laut zu hören als das Summen
der Bienen und das Hämmern des Spechtes. Auch in den zablreichen
Nadelwaldungen ist es recht einsam, und ihre Glut wird dureh die trockenen
CKiefernadeln noch vermebhrt. Recht verlassen fühlt sich aber der Wanderer.