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seinen Gebirgsbezirk hinaus erstreckt. Nicht bloß, daß Bergleute aus dem
Harze zuerst die Gegend von Freiburg bergmännisch bevölkert haben sollen,
daß von ihnen Bergwerkskolonien in andere Länder Europas, z. B. nach
Norwegen, Ungarn und an den Ural ausgegangen sind — ihr guter Ruf
hat sie später auch über das Weltmeer hinübergeholt, und vor Jahrhunderten
bereits sind sie in Peru und Mexiko (spr.: Mechiko) sowie später in Australien
(Neu-Claustal) Lehrer der unterirdischen Kunst geworden. So kann man
den Harz mit Recht als eine Hochschule des Bergbaues und der Bergwerkswissen—
schaft bezeichnen, und Claustal bildet als Sitz des Oberbergamtes und einer
Bergakademie recht eigentlich den Mittelpunkt des Harzer Bergwesens.
3. Im Rammelsberg werden Blei, Kupfer, Schwefel und Silber gewonnen.
In der Nähe sind auch bedeutende Schieferbrüche. Pulverbereilung und
Käsemacherei (Harzkäse) findet in der Nähe von Goslar statt. In Sahzgitter
sind ein Eisenwerk, eine Flachsspinnerei und Leinwandweberei; in der Nähe
befindet sich eine Saline. Von nicht geringer Bedeutung ist die Holzstoff—
und Düngmittelherstellung sowie die Furnierschneiderei bei Vienenburg.
Das Dorf Oker weist ein großes Eisenhüttenwerk, eine Zinnoberfabrik und
Schwefelsäurebereitung auf. Bleiweiß und Schrot wird in Scherenberg her—
gestellt. In Osterode werden wollene, halbwollene und leinene Stoffe,
Eimer, Schuhleisten, Anilin und Holzstoffe gemacht oder gewonnen; auch
findet sich hier ein Kupferhammer und ein Walzwerk.
In enger Verbindung mit dem Bergbau steht die Beschäftigung der
Waldleute, sei es, daß sie als Köhler in Meilern das Holz des Gebirgs—
waldes verbrennen, um Kohlen für den Hüttenbetrieb herzustellen, oder äls
Holzfäller und Fuhrknechte arbeiten, um die Stoffe für die Bergwerks—
maschinen und für die Stützen oder Zimmerungen der Gruben zu liefern.
Zugleich erinnern die rein zusammenstimmenden Glocken der Viehherden, mit
denen die Hirten oft weit in die Wälder hineinziehen, den Wanderer daran,
daß die Weidegründe des Gebirges auch eine nicht unbedeutende Rindvieh—
wirtschaft veranlaßt haben. Und wenn wir in Andreasberg, oder einem der
anderen Bergstädtchen des Harzes, etwa in eine schlichte Bergmannswohnung
eintreten, da würde uns der Gesang und das Gezwitscher von Hunderten
kleiner Vögel an eine eigenartige Industrie der Bevölkerung erinnern, die
Zucht von Kanarienvögeln, die in dem genannten Orte gegen 300 Familien
beschäftigt und nicht bloß Deutschland, sondern auch Amerika und Alstralien
mit jenen lieblichen Sängern versorgt.
15. Der Thüringer Wald und seine Bewohner.
Nach Kutzen u. a.
1. So ziemlich in der Mitte von Deutschland, gleichweit von der Nord—
see und den Alpen entfernt, liegt ein wahrhaft bezauberndes und daher viel—
fach von Wanderern besuchtes Stück Gebirgsland, bekannt unter dem Namen
des Thüringer Waldes. Auf der 75 km langen, von Südosten nach Nord—
westen laufenden Hauptkette führt ein fahrbarer Weg, der sogenannte Renn—
stieg oder Grenzweg hin, von dem aus man nach beiden Seiten in die Ebene,
nach Franken und Thüringen blicken kann. Zugleich bildet das Gebirge die
Wasserscheide für drei Flüsse, für Elbe, Weser und Rhein. Alle kleinen Ge—
birgswässer und Flüßchen wenden sich entweder der Werra, der Saale oder
dem Main zu. Längentäler sind nicht vorhanden; alle Bäche laufen vom
Hauptrücken zum Flusse. Die zahlreichen Übergänge quer über das 46 Ge—