Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

394 
31. Die preußische Landwehr vor Metz. Beim Ausfalle 
Bazaines“) am 7. Oktober 1870.) 
(Aus einer englischen Zeitung.) 
Der Landwehr gebührt die Ehre des Tages. Sie war es, die den fran— 
zösischen Angriff aufhielt, bis kein Mann mehr stand, der ein Zündnadel— 
gewehr halten konnte. Sie führte auch den großen allgemeinen Schlag, 
der die Franzosen aus den Dörfern fegte. Ich habe die preußische Linie vor 
dem heutigen Tage im Kampfe gesehen. Ich sah sie auf Hand und Fuß die 
Höhen von Spicheren erklettern; ich sah sie aufmarschieren in der Schlacht 
vom 14. August; ich sah sie standhalten vor der Mitrailleuse (spr.: Mitraljbse) 
auf den Abhängen vor Gravelotte (spr.: Graweloött), und ich sah, wie sie die 
Franzosen am 1. September in die Festung Sedan hineinwarf. Ich habe 
glauben gelernt, daß die Männer der preußischen Linie vermögen, was nur 
irgend einem Heere der Welt möglich ist. Aber gestern habe ich erst die 
Tüchtigkeit der Landwehr kennen gelernt. Ruhig in den Verschanzungen am 
Boden liegend und gelassen die in ihrer Nähe niederfallenden Kugeln auf— 
lesend; entschlossen und unaufhaltsam in ihrem Vordringen; unwiderstehlich 
mit dem Bajonettangriffe, mit dem sie die Dörfer säuberte — stellte sie eine 
Truppe dar, die das Herz eines Mannes erfreuen muß. Nichts war be— 
merkenswerter als die Ruhe, mit der die Verwundeten, die nur irgend 
gehen konnten, sich auf sich selbst verlassend und Unterstützung ablehnend, hinter 
die Front gingen. Und es waren keine leichte Wunden, mit denen die Wackern 
zurückkehrten. Ich selbst begegnete einem, der durch die Lunge geschossen war, 
und dem der Atem röchelnd durch die Wunde drang. Aber es geht dem Zu— 
schauer zu Herzen, wenn er die Tapfern sterben sieht. Der Landwehrmann 
kann nicht leichten Herzens in den Kampf gehen, wie der Soldat von der 
Linie, der niemand hungernd zurückläßt, wenn er auf dem Schlachtfelde blutet. 
Für jeden zweiten Landwehrmann, der da gefallen, gibt es eine Witwe nun 
daheim im Vaterlande, und bei dem Gedanken an meine Kinder schwillt mir 
das Herz, wenn ich mir die Zahl der Waisen in den freundlichen Dörfern 
und freundlichen Ebenen Deutschlands vorstelle, die noch nicht wissen, daß 
ihnen der gestrige Tag den Vater geraubt. Nicht daß es schien, als ob die 
Landwehrmänner lange bei dem Gedanken an Frau und Kinder verweilten. 
Der haarige Kerl, der schon einiges Grau im Barte und wer weiß wie viele 
junge Vögel daheim im Neste hatte, ging gerade so kühn auf den Feind, wie 
der muntere, junge Freiwillige, dem nur die Braut nachweint, wenn er fällt. 
Aber die Deutschen beten gern, und mir schien, daß mancher einen Augen— 
blick das Haupt beugte, als es vorwärts ging, als wäre er in der Kirche. 
Und was die Religion anbetrifft, wer war das, glaubt ihr wohl, der dort 
in den Kampf mit hineinstürzte in weißem Haare, mit fliegenden Rockschößen? 
Das war der Divisionsprediger, eine mächtige Labeflasche in der einen und 
das Gebetbuch in der andern Hand. Der gute Mann, der da im Kugel— 
regen dahineilte, war ganz außer Atem und über und über mit Schmutz be— 
spritzt; denn wie er mir keuchend erzählte, war sein Pferd ihm schon unter 
dem Leibe erschossen worden. Als ich ihn wiedersah, saß er hinter einer 
Mauer im Dorfe unter einer Gruppe hingestreckter Krieger und erhob unter 
dem Brüllen der Geschütze seine Stimme im Gebete zu Gott. 
p ch 8. 
S J 
B se h 
)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.