Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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Qurfürstin mit halblauter Stimme die Maßregeln mit, die er gegen die 
Strenge ergriffen hatte. 
„Sie haben recht gehandelt, mein Gemahl,“ sagte Dorothea. „Sie 
stehen so hoch da, daß Sie ähnliche Anmaßungen nicht dulden dürfen.“ 
„Ich freue mich Ihrer Zustimmung,“ entgegnete Friedrich Wilhelm, 
ihr die Hand reichend. „Sie sind stets für des Landes Ehre.“ 
Die Kurfürstin legte das silberne Besteck beiseite und wandte ihr Haupt 
— eine Träne glänzte in ihrem Auge, und sie seufzte tief. 
„Dorothea,“ fluͤsterte der Kurfürst, während die Kinder lustig plauderten 
und auf die Mahnungen der Diener nicht hörten, die bald das Zimmer 
verließen, um den Nachtisch, Früchte und Nürnberger Zuckergebäck, aufzulegen. 
„Du weinst?“ fragte der Kurfürst teilnehmend. „Ist wieder ein neuer 
Kummer durch — durch ihn dir bereitet worden?“ 
Der Kurfürst spielte damit auf den Kurprinzen an, dem er freilich nicht 
mit allzu großer Liebe anhing. 
„Nein, — nein,“ wandte hastig die Kurfürstin ein, „denkt das nicht, 
mein Gemahl — legt diesen Gedanken beiseite. Ich weiß, daß man aufs 
neue behauptet, ich sei an dem steigenden Zerwürfnisse zwischen dem Kron— 
prinzen und Euer Liebden schuld. — Ihr wißt es, wie ungerecht man urteilt 
— ah — ich muß es tragen. Aber diese Gerüchte haben mich nicht weh— 
mütig gestimint, bin ich doch leider daran gewöhnt, sie zu höxen. Ich weinte, 
als Sie den Ausspruch taten, der meinen Eifer für Ihres Hauses Ehre an— 
erkannt, weil ich mir sagte: dein Gemahl belobt dich — was tatest du seinen 
Landeskindern, daß sie dich hassen und verfolgen?“ 
„Du gehst allzu weit,“ beschwichtigte der Kurfürst. „Die Berliner sind 
vor allen andern ein Volk mit scharfer Zunge, sie schwatzen eben gern, höre 
nicht allzuviel darauf.“ 
„Und habe ich nicht alles getan, um diese Stadt verschönern zu helfen?“ 
fuhr die Kurfürstin heftiger fort. „Schau die neue Vorstadt an, die meinen 
Naͤmen trägt, wie dort älles gedeiht, wie auf den Meiereien, die ich anlegte, 
die Leute in Wohlstand kommen; ich weiß, mein Gemahl, daß es mit Ihrer 
Hilfe allein möglich ist, und ich freue mich dessen, aber auch Sie scheinen 
seit den letzten Wochen gleichgültig gegen diese meine Bemühungen. — Sie 
haben seit jener Zeit die Meiereien der Spandauer Vorstadt nicht wieder 
besucht, sich an dem Gedeihen nicht erfreut . .“ 
„Ei, Dorothea,“ fiel der Kurfürst ihr ins Wort, „welche Gedanken! 
Ich bin es, der innigsten Teil an diesen ueuen Bestrebungen nimmt. Wie 
ich seit langer Zeit eifrig die Befestigung Berlins betreibe, die Schanzen 
und Mauern neu und gut aufführen lasfe, also geht Eure Verschönerung 
gleichen Schritts damit vorwärts. Ihr zürnt, weil Ihr meint, ich sei gleich— 
gültig gegen diese Verzierungen und Eure Anlagen? Ich will Euch beweisen, 
daß ich es nicht bin. Das Mahl ist geendet, machen wir eine Fahrt durch 
die Stadt; Ihr sollt mir Eure Meierei zeigen. Es wird mir gut tun, heut 
nach der anstrengenden Arbeit die Luft zů atmen.“ „Heda,“ rief er dem 
nächsteintretenden Diener zu, „den Wagen vorfahren usn Ich will eine 
Rundfahrt machen.“ 
Dank, mein Gemahl,“ sagte die Kurfürstin erfreut; „ich geleite die 
Kinder in ihre Zimmer, dann erscheine ich, um an Ihrer Seite den Ausflug 
zu machen.“ Sie verteilte den Nachtisch unter die Kinder, diese nahmen 
Abschied von den Eltern. Der Wagen des Kurfürsten hielt im Schloßhofe. 
Dorothea erschien, von dem Gemahl geleitet. Beide stiegen ein, der Wagen
	        
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