fullscreen: Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit (Bd. 1)

— 124 — 
doch verkauften sie die Sündenvergebung. Sie handelten gewissenlos 
und gotteslästerlich, denn sie kannten den göttlichen Willen, der 
wahre Buße verlangt, aber mit Absicht entstellten sie ihn. Ihnen 
mangelte das Wohlwollen für das Volk, denn sie kannten den 
Schaden, den sie den Leuten nicht nur an irdischem Gute, sondern auch 
an der Seele zufügten. Sie entehrten die Kirche und würdigten sie 
zum Markte herab. 
Welche Schuld trifft die Abnehmer des Ablasses? Das 
arme Volk kann man nur bedauern. Es wird geblendet und bethört, 
belogen und betrogen. Wie gern opfert es die mühsam ersparten 
Groschen, um sich Gottes Wohlgefallen zu erwerben. Es glaubt sich 
sür den Himmel gerettet und geht ihm doch mehr verloren, es fühlt sich 
glücklich und wird doch immer unglücklicher. „D über die mehr als 
eg>-ptische Finsternis! O über die Gefahren unsrer Zeit!*) Wie sicher 
sind wir in allen unsern so schrecklichen Übeln!" 
Und warum verdienen auch die Seelsorger und Lehrer 
des Volkes unsern Tadel? 
Sie hatten die Schändlichkeit des Ablaßhandels gewiß erkannt, 
aber sie schwiegen und ließen das Volk im Dunkeln wandeln, ja sie 
führten es sogar dem einziehenden Mönche entgegen und begleiteten 
diesen Betrüger in die Kirche. „D über diese schlafenden Priester!" 
Hat denn keiner den Mut, gegen den groben Mißbrauch Widerspruch 
zu erheben? (Die Kinder kommen von selbst darauf und sprechen ihre 
Erwartungen darüber aus, daß Luther, der in Dresden so mutvoll gegen 
den Heiligendienst ausgetreten ist, auch gegen den Ablaßhandel nicht 
schweigen wird.) 
Zusammenfassung. 
Zweites Ziel: Luther heftet eine Schrift an die Schlo߬ 
kirche zu Wittenberg. Darauf steht: Kauft keinen Ablaß, 
alles ist falsch! 
I. Analyse. 
Wie mag Luther vom Ablaß gehört haben? 
Vielleicht ist Tetzel auch nach Wittenberg gekommen, oder die 
Leute sind nach Jüterbogk gegangen. Die Wittenberger haben gewiß 
auch Ablaß von ihm gekauft und sich über den leicht erworbenen Erlaß 
der Sündenschuld schwelgerisch gefreut. Die ganze Stadt mag in Be¬ 
wegung gekommen sein. Überall redet man von Tetzel. Auch Luther 
erzählt man davon. Er hört von den glänzenden Auszügen, die das 
gläubige Volk bewundernd geschaut, von der Predigt, die allen gefallen, 
und von dem Handel auch, an dem sich alles beteiligt hat. Er bekommt 
wohl gar Ablaßbriefe zu sehen und beobachtet mit Schrecken, wie die 
Menschen frecher und sicherer sündigen. Das mag ihn empören. 
*) Luther.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.