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5. Es tlirrten die Becher, es jauchzten die
Knecht',
so klang es dem störrigen Könige recht.
6. Des Königs Wangen leuchten Glut,
im Wein erwuchs ihm kecker Mut.
. Und blindlings reißt der Mut ihn fort,
und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort.
8. Und er brüstet sich frech und lästert wild,
die Knechteschar ihm Beifall brüllt.
9. Der König rief mit stolzem Blick,
der Diener eilt und kehrt zurück.
10. Er trug viel gülden Gerät auf dem
Haupt,
das war aus dem Tempel Jehovahs geraubt.
IuUnbd der Konig ergriff mit frevler Haud
einen heiligen Becher, gefüllt bis zum Rand.
12. Und er leert ihn hastig bis auf den Grund
und rufel laut mit schäumendem Mund:
13. „Jehovah, dir künd ich auf ewig Hohn!
Ich bin der König von Babvlon
14. Doch kaum das grause Wort verllang,
dem König ward's heimlich im Busen bang.
15. Das gellende Lachen verstummte zumal,
es wurde leichenstill im Saal.
16. Und sieh! und sieh! an weißer Wand
da tam's hervor wie Menscheuhand,
17. Und schrieb und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer und schrieb und schwand.
18. Der König stieren Blicks da saß
mlt schlotternden Knien und totenblaß.
I9. Die Knechteschar saß kalt durchgraut
und saß gar still, gab keinen Laut.
0. Die Magier lamen doch keiner verstand
zu deuten die Flammenschrift an der Wand.
21. Belsazar ward aber in selbiger Nacht
vbon seinen Knechten umgebracht.
2 Heinrich Heine.
118. Wie es den Sorgen erginsg.
1. Einst woll iech hinaus in den
grünen Wald,
da zogen die Sorgen mit.
Vergebens gebot ieh wohl zehnmal Ralt,
gie folgten mir Sehritt für Schritt.
2. Doeh als vir kamen wohl in den
Busch,
begann ein Geflüster sogleich,
die Võglein riefen: „Ihr Sorgen, husch,
linaus aus dem grũnen Bereichl
3. Das Gras erhob sieh und hielt
sie auf,
ein Windstoss hauchte sie fort,
die Bãume rausehten und schlugen drauf,
gie flohen von Ort zu Ort
4. Und rannten und stiessen die
Lõpfe sich ein
am PVelsen, riesig und rauh,
Ferschmolzen im lachenden
schein,
artranken im duftigen Tau.
5.,Da habt ihrsl rief ĩeh, von ihrer Not
befreit, in die Lufte hinaus,
„da seht ihr, vas euch im Walde droht;
in andermal bleibt ihr zu Haus.“
Gustav Pfarrius
119. Der Sänger im Palast.
1. Ein Sänger tritt, die Harf im Arme,
durch das Gewühl des Volks hervor
und drängt sich aus dem lauten Schwarme
in des Palastes
2. Gehölt und bleich sind seine Wangen,
sein Haar durchschlingt ein grüner Kranz,
sein grau Gewand mit schwarzen Spangen
haßt seltsam zu des Hauses Glanz.
3. Der Höfling, wie der Edelknabe
mißt scheel die klägliche Gestalt,
die wie ein Geist, entrückt dem Grabe,
durch die geschmückten Gänge wallt.
4. Der Schalksnarr rust mit kind scher
Posse:
„Ei seht, da kommt Gevatter Tod!
Kein Herz schlägt morgen mehr im
Schlosse,
und keine Wang' ist morgen rot!“
5. Den Sänger macht der Spott
nicht wirre,
er lächelt nur ein einzig Mal
und schreitet fort, und wird nicht
irxe,
die Treppen aufwärts in den Saal.