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den großen Schneehaufen, der um die Mädchen her lag,
hinweggeräumt hätten. Denn der ganze Hohlweg war in
der Nacht zugeschneit, und es war nur gut, daß die
kleinen Bäumchen das schwere Dach von Schnee noch
so getragen hatten, sonst wären die Kinder erstickt. So
aber kamen sie ganz wohlbehalten heraus ins Freie,
keines ihrer Glieder war von Frost beschädigt, denn der
Schnee hatte sie gegen den scharfen Wind zugedeckt,
und sie hatten sich eines am anderen erwärmt.
Die Eltern aber und alle Leute im Dorfe freuten
sich gar herzlich über die Bettung und Bewahrung der
guten Kinder und dankten Gott inniglich dafür.
Gotthilf Heinrich von Schubert.
151v~$ie kleine Wohltäterin.
Es war ein kalter, strenger Winter. Da sammelte die
kleine Minna, die Tochter wohltätiger Eltern, die Krümchen
und Brosamen, die übrig blieben, und bewahrte sie. Dann
ging sie zweimal am Tage hinaus aus den Hos und streute
die Krümchen hin, und die Vöglein flogen herbei und pickten
sie aus. Dem Mädchen aber zitterten die Hände vor Frost
in der bitteren Kälte. -f~
Da belauschten sie die'Eltern und freuten sich des lieb¬
lichen Anblicks und sprachen: „Warum tust du das, Minna?" —
„Es ist ja alles mit Schnee und Eis bedeckt," antwortete
Minna, „das; die Tierchen nichts finden können; nun sind sie
arm. Darum füttere ich sie, sowie die reichen Menschen die
armen unterstützen und ernähren."
Da sagte der Vater: „Aber du kannst sie doch nicht alle
versorgen!" .
Die kleine Minna antwortete: „Tun denn nicht alle
Kinder in der ganzen Welt wie ich, sowie ja auch alle reichen
Leute die armen verpflegen?" —