Full text: Für das zweite und dritte Schuljahr (Teil 1, [Schülerband])

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Da rieb sich Valentin die Äuglein und lauschte. Es war aber ein 
wunderbares Klingen und Eingen, das sich vor dem Hause ver¬ 
nehmen ließ, und wie mit Harfenbegleitung hallte es: 
0) beil'ges Rind, 
wir grüßen dich 
mit Darfenklcmg 
und Lobgesang. 
Du liegst in Ruh' 
du heil'ges Rind; 
wir halten Macht 
in dunkler Nacbt. 
® fjcil dein 6aus, 
in das du kehrst! 
Ls wird beglückt 
und hoch entzückt! 
Das hörten die Kinder, und es befiel sie eine freudige, bange 
Angst, und sie traten ans Fenster, um zu schauen, was denn draußen 
geschehe. — jm Osten sahen sie das Ulorgenrot glühen rnid vor¬ 
dem Hause viele Kinder stehen, die goldene Harfen und Lauten in 
den Händen hatten und mit silbernen Kleidern angethan waren. 
Erstaunt und verwundert ob dieser Erscheinung, starrten sie zum 
Fenster hinaus; da berührte sie ein leiser Echlag, und als sie sich 
umwandten, da sahen sie das fremde Kind vor sich stehen, das ein 
Kleid von Goldstoff anhatte und mit einer glänzenden Krone auf 
dem goldgelockten Haupte geschmückt war und sprach: „Ich bin 
das Iesuskindlein, das in der XDelt umher wandelt, um frominen 
Kindern Glück und Freude zu bringen. Ihr habt mich beherbergt 
diese Uacht, indem ihr mich für ein armes Kind hieltet, und ihr 
sollt nun meinen Eegen haben." Da brach es ein Reislein von 
einem Tannenbaum, der am Hause stand, und pflanzte es in den 
Boden und sprach: „Das Reislein soll zum Baume werden und 
soll auch alljährlich Früchte bringen." Und alsbald verschwand es 
mit den musizierenden Kindern — den Engeln. Das Tannenreis 
aber schoß empor und ward zum IDeihnachtsbaum, der war be¬ 
hängen mit goldenen Apfeln und Eilbernüffen und blühte alle Jahr 
einmal. 
Und wenn ihr, liebe Kinder, zu IDeihnachten vor dem reich- 
geschmückten Baume steht und euch freut, so gedenket auch der armen 
Kinder, die kaum ein Etückchen Brot haben, um ihren Hunger zu 
stillen, und danket Gott.
	        
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