77. vom Verkehr.
Nicht nur ihre Arbeiten tauschen die Menschen aus,' auch durch Mit¬
teilung ihrer Gedanken und Erlebnisse erfreuen und fördern sie einander,
und wenn sie auch in noch so großer Entfernung wohnen.
Vas wird möglich durch die heutigen Anstalten des Verkehrs.
Wenn auch nicht alle Menschen große Briefsteller sind: dann und
wann tritt doch wohl für jeden der Fall ein, wo er entweder einen Brief
in die Ferne zu senden oder einen solchen aus der Ferne zu erhalten
wünscht. Vas ist nun scheinbar eine sehr einfache Zache. Man holt sich
die postmarke, klebt sie auf den Brief und wirst diesen in den Schalter.
Bach kurzer Zeit ist er und vielleicht selbst schon die Untwort darauf an¬
gelangt,- und es ist staunenswert, wie selten von den Millionen täglich
versendeter Briefe einer verloren geht. Uber welche Menge von trefflichen
Einrichtungen und helfenden Händen ist auch dabei vorausgesetzt: von
dem Papier und der Stahlfeder an, die beide in Fabriken gefertigt werden,
bis zu dem Beamten auf dem Postamte, der Grt und Tag auf den Brief
stempelt!
Vas hatten die Menschen nicht immer so leicht. Denkt, was für ein
Unterschied, wenn wir etwa, wie dies in alten Zeiten geschah, jeden Brief
auf ein mit wachs überzogenes Holztäfelchen schreiben und durch einen
besonderen Boten bestellen lassen oder auf die Gelegenheit warten müßten,
um ihn jemand mitzugeben; eine Gelegenheit, die unter solchen Umständen
eben auch nicht leicht zu finden wäre! Da würde wohl den meisten das
Briefschreiben vergehen, während jetzt gar viele täglich nicht einen, sondern
viele Briefe schreiben. Und es ist doch eine gar schöne Zache, zu wissen,
daß wir für unsere Lieben in der Ferne und sie für uns leicht erreich¬
bar sind!
Buch genießen wir den großartigen postverkehr noch in gar vielen
anderen Stücken. Denkt nur an die Zeitungen! Es ist doch gewiß eine
unendlich wichtige Einrichtung, daß man ausführlich und zeitig hören
kann, wie es auswärts zugeht, wie die Menschen an andern Orten denken
und handeln, um von amtlichen und geschäftlichen Anzeigen nicht zu
sprechen, die durch die Zeitungen verbreitet werden.
Und nun erst der Telegraph, der viel, viel schneller ist als der wind,
ja, der für die eigentliche Wanderung seiner Botschaften so gut wie keine
Zeit braucht, und bei dem der einzige Aufenthalt das Schreiben und Um¬
schreiben selbst ist! Der kostet freilich keine Vorspannpferde und kehrt auch
auf dem längsten weg in keinem Wirtshaus ein. Buch die Straße, auf
der die Botschaft dahinfährt, ist ziemlich einfach; es kommt nicht einmal
darauf an, ob sie krumm oder gerad, eben oder steil ist. Uber der einzige
Upparat, wie er an jeder Station sich befindet, legt er nicht ein mächtiges
Zeugnis ab von der Erfindungskraft des menschlichen Geistes? wenn man
alle dabei angewandten Entdeckungen und Erfindungen ins Buge faßt und