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258. Der Strom.
1. Tief in waldgrüner Nacht
Ist ein Bächlein erwacht,
Kommt von Halde zu Halde ge¬
sprungen ;
Und die Blumen, sie stehn
Ganz verwundert und sehn
In die Ñugen dem lustigen Jungen.
2. Und sie bitten: „Bleib hier
In dem stillen Revier!"
Mie sie drängen, den Weg ihm zu
hindern!
Doch er küßt sie im Slug,
Und mit neckischem Zug
Ist entschlüpft er den lieblichen
Kindern.
3. Und nun springt er hinaus
Ñus dem stillgrünen Haus:
„G du weite, du strahlende Ferne!
Dir gehör' ich, o Welt!" —
Und er dünkt sich ein Held,
Und ihm leuchten die Ñugen wie
Zterne.
4. „Gebt mir Taten zu tun!
Darf nicht rasten, nicht ruhn,
Zoll der Vater, der alte, mich loben!"
hoch zum Flusse geschwellt,
von dem Fels in die Welt
Braust er nieder mit sreudigemToben.
5. „Gebt mir Taten zu tun!
Kann nicht rasten, nicht ruhn!" -
Und schon hört man die Hämmer ihn
schmettern,
Und vorbei an dem Riff
Trägt er sicher das Zchiff
In dem Kampfe mit Zturm und mit
Wettern.
6. Immer voller die Lust,
Immer weiter die Brust!
Und er wächst zum gewaltigen
Ztrome;
Zwischen rankendem Wein
Zchauen Dörfer darein
Und die Ztädt' und die Burgen und
Dome.
7. Und er kommt an das Meer,
hell leuchtet es her,
Wie verklärt von göttlichem Walten.
Welch ein Bauschen im Wind?
„Du mein Vater!" — „Mein Kind!"
Und er ruht in den Rrmen des Ulten.
Robert Reinick.
25g. Lin Kreislauf.
Demut hat mich lieb gemacht,
Lieb' hat mich zu Lhren gebracht,
Ehre hat mir Ueichtum gegeben,
Reichtum ließ mich nach hosfart streben,
Hoffart stürzte ins Elend nieder,
Elend gab mir Demut wieder. Ernst Lausch.
Ueller-Stehle, Teutsches Lesebuch II. 19