fullscreen: Kulturbilder aus Deutschlands Vergangenheit

32. Entwicklung der deutschen Volksschule. 
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ganz zunft- und handwerksgemäß. Der Leiter der Schule war 
der Rektor, der mit seinen „Gesellen", den Unterlehrern, des 
Schutzes der Obrigkeit genoß und dafür den Rat der Stadt als 
seinen Vorgesetzten anzusehen hatte. Man wühlte ihn auf be¬ 
stimmte Zeit, gewöhnlich nur auf ein Jahr, und er ernannte 
wiederum seine Gehilfen, die oon ihm ihre oft nur kärgliche 
Besoldung erhielten. Das Gehalt des Rektors betrug höchstens 
40 Guldeu, wozu dauu uoch allerlei Nebeneinkünfte kamen, wie 
Ostereier, Fastnachtskuchen,Lichtgeld, Holz-und Austreibgeld u. s.w. 
Das Anstreibegeld war bei dem sog. Kinderaustreiben zu zahlen, 
d. H. wenn der Lehrer, mit gespreizten Beinen auf einer Bank 
sitzend, die Schüler nach einander durchkriechen ließ und jedem 
dabei einen gelinden Streich gab. Es geschah dies vor Ostern, 
Pfingsten und Weihnachten und hing mit der Entlassung der 
Schüler in die Ferien zusammen. In den meisten Städten 
mußten die Schüler ein besonderes Schulgeld zahlen, das dann 
ebenfalls eine Einnahme des Lehrers bildete. Dieses Schulgeld 
betrug beispielsweise in Hannover für jedes Kiud vier Schillinge, 
in Frankfurt ct. O. zwei Groschen an den Rektor und ebensoviel 
an dessen Gehilfen. Eine lohnende Beschäftigung bot sich den 
Lehrern, welche Kenntnisse und Gewandtheit genug besaßen, um 
als Stadtschreiber dem Rat der Stadt zu dienen; den besten 
Teil des Einkommens aber gewährten ihnen die kirchlichen Ber¬ 
richtungen, die mit ihrem Amt verbunden waren. 
Da die Lehrer an den Schulen nicht fest angestellt waren, 
so mußten sie sich sehr oft nach anderen Stellen umsehen, und 
so bildete sich allmählich ein wandernder Lehrstand heraus. 
Dies hatte zur Folge, daß nach und nach ähnliche Wanderungen 
von Schülern unternommen wurden, um verschiedene Schulen, 
die einen besonderen Ruf hatten, zu besuchen. Man nannte 
solche „fahrende Schüler" oder „Bachanten"*), die die Stadt¬ 
schulen aufsuchten, um dort entweder selbst noch zu lernen oder 
auch um sich als Unterlehrer zu vermieten. Aus ihren Wande¬ 
rungen führten sie kleinere Knaben, A-B-C-Schützen genannt, mit 
Fahrende 
Schüler. 
Eigentlich: Vagauteu, vom lat. vagari, umherstreifen.
	        
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