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Aber die Ente kam schnell geschwommen, fabte sie mit ihrem
Schnabel beim Kopf und zog sie ins Wasser hinein; da mubte
die alte Hexe ertrinken. Da gingen die Kinder zusammen
nach Haus und waren herzlich froh; und wenn sie nicht ge—
storben sind, leben sie noch.
Brüder Grimm.
164. Die Erdbeeren.
Ein alter Soldat mit einem Stelzfuße kam in ein
Dorf und wurde plötzlich krank. Er konnte nicht mehr
weiter reisen, mußte in einer Scheuer auf Stroh liegen
und es ging ihm sehr hart. Die kleine Agathe, die Tochter
eines armen Korbmachers, hatte mit dem kranken Manne
das herzlichste Mitleid. Sie besuchte ihn alle Tage und
schenkte ihm jedesmal ein paar Pfennige.
Eines Abends sprach aber der ehrliche Krieger
sehr bekümmert: „Liebes Kind, wie ich heute vernahm,
sind deine Eltern arm. Sag' mir doch redlich, woher
nimmst du so viel Geld? Denn ich wollte lieber ver—
hungern als nur einen Pfennig annehmen, den du mir
nicht mit gutem Gewissen geben könntest.“ — „O,“
sagte Agathe, „seid außer Sorgen! Das Geld ist recht—
mäßig erworben. Ich gehe in den nächsten Marktflecken
zur Schule. Auf dem Wege dahin kommt man durch
ein Wäldchen, wo es viele Erdbeeren gibt. Da pflücke
ich nun jedesmal ein Körblein voll, verkaufe sie in dem
Flecken und bekomme dafür allemal eine kleine Summe.
Meine Eltern wissen das wohl; sie haben aber nichts
dagegen. Sie sagen öfters: „Es gibt noch viel ärmere
Leute, als wir sind, und da müssen wir ihnen so viel
Gutes tun, als es unsre Lage nur immer erlaubt.“
Dem alten Krieger standen die hellen Tränen in
den Augen und tröpfelten auf seinen Schnurrbart herab.
„Gutes Kind,“ sprach er, „Gott wolle dich und deine
Eltern für diese menschenfreundlichen Gesinnungen
segnen!“
Christoph von Schmid.