sagte er ernst: „Es ist das Ende". Da knieten alle anderen nieder
und beteten ein Vaterunser.
Kaum aber mochte es gebetet sein, da klang draußen ein 25
Horn so laut und schmetternd, daß die Männer im Zelte zusammen¬
fuhren und hinauseilten. So blieb ich allein und verlassen neben
dem toten Diebe."
6.'
„Nun begann es stiller und stiller zu werden. Zuletzt rührte
sich nichts mehr. Kein Pferd trabte, kein Ruf erscholl. Da blickte
ein dickes, rotes Gesicht vorsichtig ins Zelt und fuhr, als er den
Toten sah, erschrocken wieder zurück. Nach ein paar Minuten
war es wieder da und dann wieder, und darauf schlich ein Mann 5
auf den Zehen herein. Er durchsuchte die Taschen des Toten, nahm
Münzen heraus, band ihm das Schwert ab und den Mantel, den
Hut und den großen weißen Spitzenkragen, bis der Dieb fast
nackend da lag. Alles wurde in ein großes Bündel zusammen¬
gelegt und von dem Fremden auf den Schultern weggeschleppt. 10
Auch mich nahm er mit.
Nach ein paar Stunden trat er mit all den Sachen in einen
kleinen, dumpfigen Hausflur. Ein alter, schmutziger Mann kam
uns entgegen. Sein langer, weißer Bart fiel ihm auf die Brust
herab. Seine Augen waren stark gerötet, als habe er eben ge-is
weint. Auf seinem Kopfe trug er eine abgeschabte Kappe. In
einem Zimmer, wo eine Öllampe kaum den Tisch erhellte, wurde
das Bündel ausgepackt und Stück für Stück befühlt und unter¬
sucht. Als ich an die Reihe kam, funkelten die kleinen, trüben
Augen des Alten, er wog mich in seiner Hand und schloß mich sofort20
in einen Wandschrank, dessen Tür von dem Holzgetäfel kaum zu
unterscheiden war. Nach ein paar Augenblicken gab's Zank und
Streit in der Stube. Wilde Flüche und böse Worte fielen. Ich
hörte den Alten jammern. „Mein Geld! Mein Geld! Er ist ja
nichts wert, der Plunder!" — Dann wurds still." 25
7.
„In der Nacht wurde der Schrank geöffnet und alles, was darin
verwahrt lag, in ein Tuch gepackt. Da waren Haarspangen, Finger¬
ringe auf Bindfäden gereiht, große und kleine Münzen, Bücher
mit silbernen Klammern, Hauben aus Gold- und Silberdraht usw.
Lautlos trug uns der Alte in den Keller des Hauses. Dort 5
hatte ein andrer, es mochte wohl sein Sohn sein, ein tiefes Loch