---
T
Und Brummte: „Weib, laß mir das Trösten sein,
Uns kann vom Elend nur der Tod befrei'n!"
Da schwieg die Frau und sprach kein Wörtlein mehr
Und wankte wie ein Schatten bleich umher,
Saß müßig an dem Rocken stundenlang,
Tief in Gedanken still und seufzte bang.
Da sprach der Mann: „Was fehlt dir nur, Marie?"
Und als sie schwieg, drang er noch mehr in sie,
Sie solle ihm ihr Leiden doch gesteh'n,
Er könne sie nicht mehr so traurig seh'n.
Und sie darauf: „Ach, in verwichner Nacht
Hat mir ein Traum das Herz so schwer gemacht:
Ja, bester Mann, ich will dir's nur gesteh'n,
Ich hab' im Traum den lieben Gott geseh'n.
Er lag im Sarg, sein Haar war silberweiß,
Und weinend standen Engel rings im Kreis.
Der Helfer starb; nie endet unsre Not:
Der liebe Gott — der liebe Gott — ist tot!"
Da lächelte der Mann nach langer Zeit
Zum erstenmal und sprach mit Freundlichkeit:
„Ei, ei, Marie, wie du so thöricht bist!
Weißt du denn nicht, daß Gott unsterblich ist,
Daß er, erhaben über Raum und Zeit,
Regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit?" —
„Wie," sprach die Frau, „so glaubst du, lieber Mann,
Daß Gott im Himmel niemals sterben kann,
Daß er derselbe bleibet fort und fort,
Und wählest ihn doch nicht zu deinem Hort
Und setzest deine Hoffnung nicht auf ihn,
Des Hilfe stets zur rechten Zeit erschien?"
Da fiel's wie Schuppen von des Mannes Geist.
„Ja, Gott ist treu, er hält, was er verheißt!
Dank, liebes Weib, du wecktest mein Vertrau'n;
Auf Gottes Hilfe will ich freudig bau'n.
Und zag' ich jemals wieder in der Not,
Dann frag' mich nur: „Ist denn der Herrgott tot?"
Julius Sturm.
r