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Grundbesitz; sondern die Häupter des Volkes und die Fürsten teilen auf ein 
Jahr den Stämmen und Sippen, wie sie zusammengetreten sind, Äcker zu in 
dem Umfange und an dem Orte, wie es ihnen angemessen erscheint. Nach 
Ablauf eines Jahres zwingen sie dieselben, an eine andere Stelle überzusiedeln. 
Viele Gründe führen sie für diesen Brauch an. Sie sagen, man wolle ver— 
hindern, daß die Gewöhnung an ein seßhaftes Leben dazu verführe, die Lust am 
Kriege mit der Bebauung des Bodens zu vertauschen, oder daß jemand weit aus⸗ 
gedehnten Landbesitz zu erwerben trachte und die Mächtigeren die Ärmeren aus 
ihrem Besitz verdrängten. 
Der Stamm der Sueven ist der bei weitem größte und kriegslustigste 
aller Germanen. Hundert Gaue soll er zählen, und aus jedem ziehen jährlich 
tausend Krieger zum Kampfe über die Grenze. Die übrigen, die zu Hause 
bleiben, erwerben für sich und jene die Nahrungsmittel. Im folgenden Jahre 
stehen diese zur Abwechselung unter den Waffen, und jene bleiben in der Heimat. 
So wird weder der Ackerbau noch das Kriegshandwerk vernachlässigt.“ 
Der Wechsel der Wohnungen und Feldmarken geschah in folgender Weise. 
Die Häuser, Hütten und Schuppen wurden bei dem jährlichen Wechsel keineswegs 
abgebrochen, wie es bei gänzlich auswandernden Stämmen vorkam, sondern der 
abziehende Bauer nahm nur die fahrende Habe und das bewegliche Gut mit 
sich, um sofort einen in einer andern Feldmark leer gewordenen Hof zu beziehen. 
An einen geregelten Ackerbau war bei dem Feldmarkenwechsel wenig zu 
denken; erst als dieser aufhörte und die Genossenschaften auf ihren Grundstücken 
seßhaft wurden, vermochte die Feldwirtschaft sich zu entwickeln. 
Das Düngen der Äcker war bei den Germanen der Urzeit noch nicht 
bekannt; nur die Ubier am Rhein zwischen Sieg und Mainz verstanden es, ihren 
ohnehin schon fruchtbaren Boden durch Mergel und Kalk zu verbessern. 
Als Ackergeräte hatte man den Pflug, der in der ältesten Zeit aus 
einem an einen Balken befestigten Stein bestand, und den Rechen; die Egge 
scheint noch nicht bekannt gewesen zu sein. Den Räderpflug mit eiserner Schar 
und eisernem Kolter lernten die Germanen später durch die Römer kennen. Die 
alten Deutschen säten Hafer und Gerste. Man schnitt das Getreide mit der 
Sichel, band es in Garben und ließ die Körner durch Menschen oder Tiere mit 
den Füßen austreten. Zwischen breiten Steinen wurden die Körner zu Mehl 
zerquetscht, woraus man nicht Brot nach unserer Art buk, sondern breiten Kuchen, 
„Laib“ genannt (von laben), was so viel als stärkende Nahrung bedeutet. Aus 
der Gerste braute der Deutsche auch Bier, das nebst dem aus Honig und 
Wasser bereiteten Met das Getränk bildete. Daß der Leinbau betrieben wurde, 
geht daraus hervor, daß man Kleider von selbstverfertigter Leinwand trug. 
Die Wälder waren Gemeingut; jeder hatte das Recht, sie zu be— 
nutzen, wo und wie er wollte. Die niedrigen und nassen Stellen des Bodens 
bestimmte man zum Graswuchs und benutzte sie als Wiesen und Weiden. Auch 
ein Teil der Feldflur wurde in bestimmter Zeit des Jahres als Weide benutzt.
	        
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