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80. Der brave Landwehrmann. 
Kurz vor dem Ende der Schlacht bei Leipzig hatte eine Granate einem 
preußischen Landwehrmanne beide Beine zerschmettert. Er ward in einen 
Graben getragen und verbunden; der Divisionsprediger aber trat zu ihm mit 
geistlichem Zuspruche, weil sein Ende in den nächsten Augenblicken vorauszusehen 
war. „Herr Prediger“, sprach der verwundete Mann, „ich danke Ihnen für 
Ihre Trostgründe; aber erlauben Sie mir eine Frage und versprechen Sie, mir 
dieselbe gewissenhaft zu beantworten. Meine Ruhe hängt davon ab.“ Als der 
Geistliche dies gelobt hatte, erwiderte der Soldat: „Sagen Sie mir, ob wir 
die Schlacht gewinnen werden!“ „Ja, mein Sohn!“ antwortete der Prediger. 
„Wenn du in dieser Gewißheit Ruhe findest, der Sieg ist unser. Deine 
Kameraden sind im vollen Vorrücken, und es kommen bis hierher keine feindlichen 
Kugeln mehr, der Feind zieht sich zurück.“ „Nun, dann bin ich zufrieden“, ver— 
setzte der Landwehrmann, „gottlob, Preußen ist frei!“ Und so zog er die Mütze 
über die Augen und war in wenigen Minuten entschlafen. Der Tapfere hieß 
Puzzler, und sein Geburtsort war Tramstow bei Anklam. E. G. Jacob) 
81. Aus dem Briefe eines preussischen Soldaten 
um sen Vatr. 
Maoinæ, den 16. Iunmi 1844. 
Es ist wahr und gewiss, lieber Vater, das Soldatenleben Striegelt 
und putet den Manmn, und wer hein Soldat gewesen ist, der ist hein rechter 
UMann. Vir haben einen grundgescheiten Kameraden in der Kompanmie. 
einen Gæfreiten, der ist gana mit mir einverstanden, und der sagt auch: 
Ieder grosjũhrige Mann im Staut ist Bürger, das ist ein schõnes Wort, 
das ist der schönste Titel, den man haben hann. Vin Bürger steht mit 
allem, was er hat, mit seinoem ganæen Leben dafũr ein, ist Bürge, dass 
Ordnung und Recht im Stadut ist, und dass niemand, heiso' er Franæos 
oder Russe, dem Staute etias anhaben haumn. deder Bürger soll mithelfon, 
die Gesetæe machen, die ũber ihn regieren sollen. Jeder Bürger giebt seine 
Stimme daæu, wie man die Steuern umlegen soll, dass heinem unrecht ge- 
schieht, und dass eine ordentliche Haushaltumg geführt wird. Ioh weiss 
wohl, es hann nicht jeder dabei sein, darum wählt man die Abgeordneten, 
die auf dem Landtaq für die anderen sprechen und stimmen; aber in 
Gedanken ist jeder dabei. Mitraten hann niceht jeder für sich selber, da 
reicht es schon hin, wenn er einen Mann für sich eingestellt hat, der seine 
Gedansen ausspricht; aber mithalten muss jeder, wenn's drauf und dran 
kbommt. Er muss helfen, den Staut erhalten durch Steuern, und Soldat 
sein, dann erst ist er ein reohtor Bürger. Poræeiten hat man Soldaten gehabt, 
die den Staut gar nichts angegangen sind; sie haben gerade dem gedioent, 
der sie om besten beaulilt hat. detet sind lauter Bürger Soldaten. Sie
	        
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