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wurde geschlagen, gefangen genommen und gezwungen, vor dem Triumph¬ 
wagen des Siegers einherzugehen. 
Merkwürdig ist in der nächsten Zeit die zwanzigjährige Regierung 
Diocletians (seit 284). Er suchte die so sehr gefährdeten Grenzen 
dadurch zu sichern, daß er Mitregenten annahm, die den Titel „Cäsar" 
oder „Augustns" führten, sich mit ihm in die Verwaltung der Pro¬ 
vinzen teilten, und mit denen er auch eine bestimmte Erbfolge ver¬ 
einbarte. Gegen Ende seiner Regierung ließ er sich durch einen dieser 
Mitregenten zu grausamen Maßregeln gegen die Christen verleiten, die 
in der Begeisterung für die neue Religion jede Teilnahme an dem heid¬ 
nischen Götzendienst mit Abscheu von sich wiesen und auch dem Bilde 
des Kaisers jede Verehrung standhaft verweigerten. Die Verfolgung 
hatte aber nur die Wirkung, daß sich eine Menge opferfreudiger 
Christen jedes Alters und Geschlechtes zum Märtyrertode drängte und 
durch ihr gottbegeistertes Sterben die Ausbreitung ihres Glaubens 
förderten. Im Jahre 305 legte Diocletian die Regierung nieder 
und zog sich nach Salona in seiner dalmatischen Heimat zurück. Hier 
verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens als Landwirt in er¬ 
frischender Thätigkeit und im Umgange mit der Natur. 
Kaum hatte Diocletian den Thron verlassen, als die Streitig¬ 
keiten über die Nachfolge und die damit verbundenen Bürgerkriege 
von neuem ausbrachen. Über sieben Machthabern triumphierte endlich 
(325) Konstantin als Sieger und Alleinherrscher. Diesen Gewinn ver¬ 
dankte er zum größten Teile den Christen, die er offen begünstigte. 
Das „Labarum", das christliche Banner, siegte auch über die Adler des 
letzten Mitregenten, hieraus wurde das Christentum zur Staatsreligion 
und das Kreuz zum Heereszeichen erhoben. Konstantin selbst zögerte bis 
gegen Ende seines Lebens, seinen Übertritt zu vollziehen, er blieb 
Pontifex maximus der römischen Staatsreligion bis kurz vor seinem 
Tode, und auf feinen Charakter, der sehr zu einem grausamen und 
treulosen Egoismus hinneigte, hatte feine Vorliebe für das Christentum 
gar keinen Einfluß. Ihm war es nur darum zu thun, die zahlreichen 
Scharen der Bekenner desselben sich dienstbar zu machen. Desto eifriger 
wirkte in christlichem Sinne seine Mutter Helena, welche es sich angelegen 
sein ließ, die heiligen Orte, wo Christus gelebt und gelehrt hatte, zu 
Stätten der Verehrung zu machen und Reliquien aufzufinden. So er¬ 
baute sie über dem Grabe Christi eine Kirche und rühmte sich, das 
echte Kreuz gesunden zu haben. 
Die herrlichen Zeiten der ersten Gemeinden der Gläubigen waren vor¬ 
bei, die Christen, von ihren Bischöfen angeführt, strebten nach Macht und 
Einfluß, an die Stelle der Glaubenswärme, welche die Schüler der Jünger
	        
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