Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

84. Zünfte und Innungen im Mittelalter. 81 
84. Zünfte und Innungen im UNittelalter. 
Neben den Geschlechtern oder Patriziern stand die regierte Bürger- 
zchaft, gegliedert in Innungen, in diesen die Männer des besitzenden 
Mittelstandes als die Herren. Die Innungen waren Genossenschaften der— 
jenigen, velche ähnliche Erwerbsinteressen hatten in Handwerk und Kram-— 
handel; auch hatten sie eine Kasse zur Unterstützung für Kranke und 
Hilflose und zu ehrlichem Begräbnis. 
andwerk gewinnen wollte, der musste wenigstens drei Jahbre 
lernen vor er Knecht wurde. Als Knecht arbeitete er dann nach 
Handwerksordnung bei einem andern, der das Handwerk selbständig 
betrieb. Schnell wurde das Wandern der jungen Gesellen Brauch und 
Gesetz. Es war sicher uralt; wir finden es aber erst seit dem 13. Jahr- 
hundert erwähnt. 
GSeit die Handwerker persönliche Freibeit und selbständige Ordnung 
hres Landwerkes gewonnen, wurde bei den meisten Handwerkern „Meister“ 
allmählicbh ein Ehrentitel nicht nur der Innungsvorsteher, sondern auch 
eines jeden, „r das Handwerk mit Bürgerrecht selbständig betrieb. 
Vur in der grosssen Genossenschaft der Baubandwerker, welehe in ibrer 
Bauhbũütte gern Laaurer, Tüncher, Zimmerleute, Steinmetzen vereinigte, 
blieb der Namc Meister länger ehrende Bezeichnung des obersten Vor— 
ztehers, der wohl häufig ein Patrizier war. 
Neht jeder Handwerker der Stadt brauchte um 1300 zu der Innung 
seines Handwerkes zu gehören, nicht jedes Handwerk war als Innung ge— 
einigt, und nieht jede Innung bestand aus Mäannern desselben Handwerks; 
oft waren mehrere zu einer Brüderschaft verbunden, und noch machte 
die Stadtgemeinde den Zuzug fremder Arbeiter leicht. Da bemühbten sich 
die Innungen zuerst durchzusetzen, dass jeder, der ihr Handwerk trieb, 
Mitglied ihrer Brüderschaft werden musste, demnächst, dass die Kufnahme 
in die Brüderschaft abhängig wurde von den Vorschriften, welehe sie fũr 
Lehre und Ausübung des Handwerks gesetzt haben. 
Dieselben Genossenschaften hatten seit früher Zeit auch eine mil- 
türische Bedeutung; denn der Bürger war verpflichtet, unter dem Banner 
seiner Innung Kriegsdienst zu leisten, die Knechte, wie es scheint, in 
leichterer Rüstung, die Bürger auch darin im Gegensatz zu den Geschlechtern, 
dass sie in der Regel zu Fuss kämpften. 
Auch war jede dieser Innungen nach deutscher Weise eine Schwur- 
genossenschaft, deren NMitglieder gelobt hatten, „Liebe und Leid mit 
einander zu tragen“; sie umfasssten mit ibhren Knechten und abhängigen 
Leuten die grosse Mehrzahl der Stadter; jedem einzelnen Meister waren 
die Genossen seiner Werkstatt und seines Hofes wieder durch Gelöbnis 
erbunden. Rine Bürgerschaft, so fest gegliedert, in dem Gefühle des 
WVohblstandes und der Uberlegenheit, konnte auf die Länge nieht ertragen, 
on der Regierung der Stadt ausgeschlossen zu sein. Die Geschlechter 
Marschall, Lesebuch für gewerbl. Fortbildungsschulen. Kl. Ausg
	        
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