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112. Von der Nahrung.
„Essen und Trinken erhält den Leib“, sagt schon das Sprichwort.
Niemand kann sich das Essen abgewöhnen; er würde schwächer und
schwächer werden und endlich sterben. Um die Bedeutung des Essens
techt begreiflich zu machen, will ich mich eines Gleichnisses bedienen.
Slellt euch eine Fabrik vor, die mit Dampf arbeitet, z. B. eine
Dampfölmühle. Wir sehen, wie fortwährend Fässer mit Ol aus
der Fabrik abgeliefert und fortgeführt werden. Das Ol ist nicht aus
nichts entstanden; es wurde aus Raps- und Leinsamen bereitet. Wir
können dann auch bemerken, wie durch eine andere Thür Säcke mit
solchem Samen hereingeschafft werden. Hörte diese Anfuhr von Samen
auf, dann würde auch bald die Ausfuhr von Ol aufhören müssen.
Aber nun sehen wir, daß der Samen nicht das einzige ist, was in
die Fabrik geschafft wird; auch Steinkohlen und Wasser müssen da
sein, um die Daämpfmaschine in Thätigkeit zu erhalten. Endlich sehen
wir auch von Zeit zu Zeit einmal Holz, Eisen und Stein in die
Fabrik bringen; es ist irgend etwas abgebraucht, das wieder ersetzt
und ausgebessert werden mnuß. Auch diese Zufuhr kann die Fabrik
auf die Dauer nicht entbehren.
Nun ist unser Körper in gewisser Hinsicht mit einer solchen
Fabrik zu vergleichen. Auch unser Körper üefert Stoffe ab, die fort—
während weggeschafft werden; auch diese Stoffe entstehen nicht von
selbst;, sie werden in unserem Körper bereitet. Aber ebenso wie in
der Olmühle allerlei Bewegungen stattfinden müssen, so sind auch
Bewegungen in unserem Körper notwendig, wie dort das Umdrehen
der Räder und Mahlsteine, das Auf- und Niedergehen der Stampfer, so
hier die Bewegung der Brust zum Atemholen, die des Herzens zum
Kreislaufe des Blutes ꝛc. In der Fabrik entstehen die Bewegungen
durch die Dampfmaschine, und diese kann nicht wirken ohne Steinkohlen
und Wasser. Ebenso entstehen auch die Bewegungen unseres Körpers
nicht von selbst, sondern dazu müssen allerlei Stoffe verbraucht werden,
wie die Dampfmaschine Steinkohlen verbraucht. Auch die Teile, aus
denen unser Körper besteht, bleiben nicht allezeit dieselben; unser Kör—
per nutzt sich ebenso ab wie jede Maschine. Soll die Maschine regel—
mäßig fortwirken, dann muß das Abgenutzte wieder erneuert werden,
und eine derartige Erneuerung muß auch in unserem Körper stattfinden.
Dieselbe Bedeutung nun, welche der Raps, die Steinkohlen, das
Wasser und das Eisen für die Fabrik haben, hat das Essen und
Trinken für unseren Körper. Die Nahrung muß nicht allein in dem
Körper verbraucht, sondern sogar zu Bestandteilen des Körpers selbst
werden. Die Nahrung muß daher aus Stoffen bestehen, aus welchen
in unserem Körper Blut, Knochen, Fleisch, Nerven, Sehnen ꝛc. her—
gestellt werden können.
Es leuchtet ein, daß es nicht gleichgültig ist, welche Stoffe das
sind. Jeder weiß, daß wir nach einer guten Mahlzeit von Bohnen