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liegt der Beweis darin, dass er seine öffentlichen Amter, welche
ihm wenig oder nichts einbringen, mit gleicher Pünktlichkeit und
Ausdauer besorgt. „Wer ein Amt hat,“ spricht er, „der warte
desselben! und legt sogleich das Beil oder den Meissel aus der
Hand, wenn der Pfarrer einen Armen zu ihm sendet, oder der
Amtmann seine Mitwirkung begehrt. Dabei ist es denn freilich
nicht zu verwundern, dass dieser Mann auch von seinen Haus-
genossen Dhätigkeit verlangt. die haben es sehr gut bei ihm,
jedes empfüngt stets ein freundliches Gesicht; nur darf keines
die Hände in den Schoss legen. Die Kinder müssen, sobald sie
es vermögen, dem Vater oder der Mutter zur Hand gehen, der
Lehrbursche darf nie sitzen und trumen, wie Walter es nennt,
und Gesellen, die den „blauen Montag“ zu sehr lieben, Kommen
bei ihmm nicht lange fort. Meister Walters Freunde sind alle
fleissigen und betriebsamen Menschen; „ein Faulenzer,“ äulsert
er wobl, „könnte mich leicht anstecken.“ Palkmann.
117. Von der Arbeit.
Zu Herrn Feldhausen, einem reichen Gutsbesitzer, kam eines Tages
ein kräftiger Herumstreicher und bat um Almosen. „Wie,“ fragte der erstere,
„Ihr schämt Euch nicht zu betteln?“
„Ich kann keine Arbeit finden,“ erwiderte der Bettler.
„Ich will Euch Arbeit verschaffen,“ versetzte Herr Feldhausen. „Wenn
Ihr mir diesen Haufen Holz von der linken Seite des Hofes auf die rechte
legt, erhaltet Ihr 2 Mark. Es ist nicht ehrenhaft, Geld zu nehmen, das
man nicht verdient hat, und man muß die Bettelei nicht befördern.“
Nach einigen Stunden war dies fertig gebracht, und Herr Feldhausen
fügte, als er den Mann bezahlte, hinzu: „Wenn Ihr morgen keine andere
Arbeit gefunden habt, könnt Ihr wiederkommen.“ Der Mann kam auch
am nächsten Tage wieder, und Herr Feldhausen ließ ihn gegen denselben
Lohn das Holz von der rechten Hofseite auf die linke legen. Während
einiger Tage wurde so das Holz von links nach rechts und von rechts nach
links gebracht, bis endlich der Arbeiter ausblieb, obgleich er regelmäßig Be—
zahlung erhalten hatte.
Der Bettler hatte es unerträglich gefunden, seine Kräfte anzustreugen,
ohne daß ein nützlicher Erfolg dadurch erzielt wurde.
Im Dorfe unterhielt man sich lange über diese Geschichte, und jeder—
mann war der Ansicht, daß arbeiten etwas anderes ist, als nur Beine und
Arme bewegen. Man kann beim Spielen, namentlich wenn es sich um
Nunststücke handelt, große und ermüdende Anstrengungen ebenfalls machen,
die Arbeit aber ist immer auf einen nützlichen Zweck gerichtet, sie will
schaffen, erzeugen, produzieren. Die einen schaffen, indem sie den
Boͤden bearbeiten und Bodenprodulte einernten, andere bearbeiten das Eisen,
das Holz, spinnen, weben oder erzeugen Gegenstände der Industrie auf
tausenderlei Wegen; andere verwenden ihre Arbeit auf den Transport dieser