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Allein diese Ideen waren praktisch nicht ausführbar, denn der
Preis für die auf solchem Wege erzeugte Butter hätte sich noch
weit höher gestellt als der für Naturbutter zu zahlende Betras.
Nach einigen Jahren wurde aber die Erfindung des französischen
Ohemikers weiter verfolgt. Man erkannte die große volkswirtschaft-
liche Bedeutung eines billigen Butterersatzes und unternahm neue,
allerdings kostopielige Versuche zur Herstellung von Kunstbutter.
Diese führten bald zur Herstellung eines Produktes (damals
Butterine genannt), velches in Geschmack, Aroma und sonstiger
Beschaffenueit der Naturbutter ziemlich ãhnlich, dabei aber be—
deutend billiger war. Es entstanden nach und nach größere Merke
in Holland, Frankreich und Deutschland, die sich mit der Fabrikation
der Margarine in immer größer werdendem Umfange beschäftigten.
Die Kuustbutter führte gich überall schnell ein und wurde sehr
bald ein beliebter Konsumartikel. Der steigende Konsum erweckte
die Aufmerksamkeit weiter Kreise. Insbesondere fürchtete die
Landwirtschaft Unheil von der neuen Industrie. Auf Betreiben der
landwirtschaftlichen Vertreter wurde 1887 das erste Margarine-
Gesetz vom Deutschen Reichstagé angenommen. Dieses Gesetz,
welches, im Grunde genommen, den Margarinehandel lahm legen
sollte, hatte den gegenteiligen Erfolg und brachte der Margarine-
Industrie einen ungeahnten Aufschwung, denn dadurch wurde die
Margarine in den veitesten Kreisen, zumal in den breiten Schichten
der unbemittelten Bevölkerung bekannt. Wesentlich schärfer waren
die Bestimmungen des sogenannten Margarinegesetzes vom 15. Juni
1897 (nebst Cusführungsbestimmungen vom 4. Juli 1897). Sie
richten sich indes mehr gegen die unreelle Vermischung und Ver-
tuschung von Natur- und Kunsthutter im Handel. Pür die
Margarine-Industrio selbst hat auch dieses Gesetz mit seinen
Ausfũhrungsbestimmungen keinen Rückgang im Gefolge gehabt;
vielmehr werden von Jahr zu Jahr größere Mengen von Margarine
erzeugt. Zu beachten bleibt hierbei, daß die Erzeugung von Natur-
butter nicht abnimmt und die Preise dafür fortgesetzt hoch bleiben.
Das veranlaßt natürlich zu einem Rückschluß auf das Verhältnis
der Bevölkerungszahl von sonst und jetzt, auf den Volkswohlstand
wie auf die allgemeine Lebenshaltung der breiten Volksmassen
überhaupt.
Eine der bedeutendsten Margarinefabriken ist die der Firma
A. L. Mohr A.-G. in Altona-Bahbrenfeld, die täglieh allein 30000
bis 40000 Liter Vollmileh verarbeitet und annähernd 1000 An-
gestellte und Arbeiter beschãftigt.
177. Bei Stollwerck in Köln.
Wie überall am Rhein, so haust auch in dem altehrwürdigen Köln ein
leichtblütiges, fröhliches Volk, das insbesondere in der Karnevalszeit über
die Maßen lustig sein lann. Gleichwohl ist die große Rheinstadt mit ihren
500000 Einwohnern eine Hauptstätte des westdeutschen Handels, ein Ort
regsten Gewerbefleißes und blühender Großindustrie. Als gewerbreiche Stadt