Full text: Deutsches Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

Prozeß des P. Lavalette. Vertreibung der Jesuiten aus Spanien. 
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Millionen Livres befrachtete Schiffe 1755 von den Engländern gekapert worden waren. Nnn 
klagte ein Handelshaus gegen den Orden, dieser aber weigerte sich, solidarisch die Schulden 
eines einzelnen Hauses zu bezahlen. Lavalette versicherte unter einem Eidschwur, daß es 
unter den höheren Oberen der Gesellschaft nicht einen einzigen gab, der ihn zu den unter¬ 
nommenen Geschäften bevollmächtigt, ihm dazu geraten oder seine Billigung ausgesprochen 
hätte, nicht einen einzigen, der in irgend einer Weise daran teilgenommen oder zugestimmt 
hätte. Auch später, als Lavalette sich nach England begeben hatte, wo ihm seine Entlassung 
aus der Gesellschaft als Urteil des Generals mitgeteilt wurde, änderte er an dieser Erklä¬ 
rung nichts. Da erhob sich ein allgemeiner Sturm gegen den Orden. Eine zum Teil ans 
Jansenisten bestehende Kommission bezeichnete die Regeln der Gesellschaft Jesu als schädlich 
und nichtig; es erschien eine Schandschrift gegen den Orden. Der König berief die 
Bischöfe zu einer Versammlung nach Paris, um ihre Ansicht über die Gesellschaft zu ver¬ 
nehmen. Von den mehr als 50 Bischöfen, die 1761 zusammenkamen, waren über 40 für 
dieselbe; sie erteilten ihr in Bezug auf Wandel und Tüchtigkeit das ehrenvollste Zeugnis und 
entkräfteten die Beschuldigungen des Parlaments. Auch der niedere Klerus äußerte sich am 
1. Mai 176z? für die Erhaltung einer so hochverdienten Gesellschaft. Die Freunde der 
Jesuiten glaubten, die Erbitterung werde sich legen, wenn man einen eigenen Generalvikar 
für Frankreich bestelle. Allein sowohl der General Ricci als der Papst entwickelten die 
Gründe für die Ablehnung dieses Vorschlages. Clemens XIII. schrieb dem König, der Sturm 
gegen die Jesuiten sei derart, daß er Altar und Thron zugleich bedrohe. Ebenso sprach er 
sich dem französischen Klerus gegenüber aus. Dennoch beschloß am 6. August 1762 das 
Parlament die Unterdrückung der Gesellschaft Jesu in Frankreich, erklärte ihre Ge¬ 
lübde für nichtig, die päpstlichen Bullen für die Gesellschaft für mißbräuchlich, das Institut 
für gottlos, staatsgefährlich und verdammungswürdig. Mit erschütternden Klagen teilte Cle¬ 
mens XIII. den Kardinälen im Konsistorium die widerrechtliche Unterdrückung eines hochver¬ 
dienten kirchlichen Ordens durch die weltliche Gewalt trotz aller Proteste des Episkopats und 
des Heiligen Stuhles mit und erklärte die Beschlüsse für null und nichtig. 
3. In Spanien hatten die Bischöfe den Papst mehrfach aufgefordert, den Verleumdungen 
gegen einen von der Kirche hochgeschätzten Orden zu steuern. Der Großinquisitor hatte die 
Schmähschriften der Gegner und selbst die Manifeste Pombals durch Henkershand verbrennen 
laffen. Karl III., bis 1759 König von Neapel und Sizilien, hatte bei feiner Abreise von 
Neapel nach Spanien dem General Ricci die feierliche Zusage gegeben, er wolle nie die wich¬ 
tigen Dienste vergesien, welche die Jesuiten, wie im Mutterlande, so besonders in Amerika 
der Krone Spaniens geleistet, nie sollte sie unter seinem Szepter das gleiche Los treffen, 
welches sie in Portugal erduldet hätten. Aber die Minister Aranda und Manuel de Roda 
waren unversöhnliche Jesuitenfeinde. Durch fortgesetzte Bemühungen gelang es ihnen, die 
Mitglieder der Gesellschaft Jesu dem mißtrauischen Monarchen als Hochverräter hinzustellen 
und mittels eingeschmuggelter verdächtiger Korrespondenzen, welche die legitime Geburt des 
Königs bezweifelten, ihn gegen sie zu reizen. In der Nacht vom 2. auf den 3. April 1767 
wurden die Jesuiten plötzlich in ihren Häusern überfallen, aus Wägen gesetzt, an die 
Seeküste gebracht und nach dem Kirchenstaate eingeschifft ohne Schonung der Kranken und 
Gebrechlichen; von einem Verhör, einer Untersuchung war keine Rede. Auf die Vorstellung 
des Papstes erklärte Karl III., er werde niemals von seinem wohlerwogenen Entschluß ab¬ 
gehen. Bereits drohte man dem Papste mit einem Schisma, der Erzbischos von Tarragona, 
dessen Generalvikar, der Bischof von Cuenca und alle, die es wagten, sich öffentlich gegen 
das rechtswidrige Verfahren auszusprechen, mußten schwere Verfolgung erdulden, ja, alle
	        
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