Full text: Lehr- und Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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andere wird sich von selber machen! Goethe. 5. In müss'ger Weile 
schafft der böse Geist. Schiller. 6. Der Mensch ist nie so schön, 
als wenn er um Verzeihung bittet oder selbst verzeint. — Wenn 
jemand bescheiden bleibt nicht nur beim Lobe, sondern aueh 
beim Tadel, dann ist er's. Jean Paul. 
7. Wer soll Meister sein? Wer was ersann. 
Wer soll Geselle sein? Wer was kann. 
Wer soll Lehrling sein? Jedermann. Agricola. 
8. Geh, gehorche meinen Winken, Du mulst steigen oder sinken, 
nutze deine jungen Tage, du musst herrschen und gewinnen, 
lerne zeitig Klüger sein! oder dienen und verlieren, 
Auf des Glückes grosser Wage leiden oder triumphieren, 
steht die Zunge selten ein. Amboss oder Hammer sein. 
Goethe. 
20. Lernbegierige Jünglinge. 
II— 
Des jungen Euklides Vaterstadt war Megära; doch hielt er 
sich selber zu Athen auf, um daselbst von dem weisen Sokrates 
Lehren der Weisheit zu hören. Einstmals aber wurden die Athe— 
nienser den Leuten von Megara feind und ließen daher bekannt 
machen, daß der erste Megarer, der sich wieder in Athen ertappen 
ließe, des Todes sein sollte. Das war nun eine recht traurige Nach— 
richt für den jungen Euklides. Gar zu gern hätte er den Sokrates 
ferner gehört; aber seinen Kopf daran zu wagen, das war ihm doch 
auch bedenklich. Endlich aber siegte doch die Liebe zur Weisheit über 
die Liebe zum Leben. Er beschloß, sich an das Verbot nicht zu kehren, 
sondern sich alle Abende heimlich in die Stadt Athen einzuschleichen. 
Hört, wie er das anfing! Alle Abende gegen Untergang der 
Sonne zog er Weiberkleider an und marschierte in diesem Aufzuge 
von Megara nach Athen, wohin ein Weg von wenigstens zwei Meilen 
führte. Sobald er in Athen angekommen war, verfügte er sich nach 
dein Hause des Sokrates und brachte einige Stunden der Nacht mit 
ihm hin. Noch ehe der Tag anbrach, marschierte er wieder ab. 
So wagte dieser edle Jüngling alle Tage sein Leben und ließ 
sich einen täglichen Gang von vier Meilen nicht verdrießen, um von 
Sokrates zu lernen, weise und gut zu werden. 
Wer von euch, ihr jungen Leser, hätte den Mut, ihm dies 
nachzuthun? — 
2. Diogenes. 
Antisthẽnes war auch ein solcher Lehrer der Weisheit in Griechen— 
land, wie Sokrates. Dieser aber hatte das Unglück, fast lauter träge 
Schüler zu haben, mit denen er gar nichts ausrichten konnte. Ver— 
gebens ermahnte er sie, doch recht Achtung zu geben auf das, was er 
sie lehre, damit sie einsft weise und geschickte Männer würden; aber er
	        
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