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predigte tauben Ohren. Endlich wurde er der vergeblichen Ermahnungen
müde und schickte alle seine faulen Schüler fort zu ihren Eltern.
Es war aber unter ihnen einer, Namens Diögenes, der war
ganz anders gesinnt als die übrigen. Er hatte nämlich eine große
Begierde, etwas Tüchtiges zu lernen, und hörte daher für sein Leben
gern den Unterricht des Antisthenes. Der wollte also durchaus nicht
vbon ihm weg, als die andern fortgeschickt wurden, man mochte ihm
auch sagen, was man wollte. Antisthenes drohte ihm, wenn er nicht
ginge, so werde er ihn mit dem Stocke, den er in der Hand hatte,
prügeln. Aber er ließ sich auch dadurch nicht bewegen.
Nun wollte Antisthenes vermutlich sehen, wie standhaft der junge
Mensch seinem Vorsatze treu bleiben würde; denn sonst wäre das,
was er that, eines weisen und guten Mannes nicht würdig gewesen.
Er schlug nämlich wirklich mit seinem Prügel wacker auf den jungen
Diogenes los, und dieser ließ sich geduldig prügeln. „Schlag' nur,“
sagte er, „so viel es dir gefällt; aber gewiß sollst du keinen so harten
Stock finden, womit du mich von dir und deinen Unterweisungen fort—
jagen könntest.“ Von diesein Augenblicke an gewann ihn Antisthenes
borzüglich lieb und dachte nicht weiter daran, ihn von sich zu lassen.
J. H. Campe.
21. Lernen und Wissen.
Die Bienen sammeln den Honigstoff nicht von einem einzigen
Strauch, sondern mit bewunderungswuͤrdiger Emsigkeit fliegen sie auf
Blumen und Kräutern aller Art herum; auch gewinnen sie nicht fer—
tigen Honig, sondern in Mund und Eingeweiden bilden sie ihn, er—
zeugen ihn dann aus sich, und man erkennt in demselben nicht Ge⸗
schmack oder Geruch einzelner Blumen, welche sie gekostet. So mußt
du alles Mannigfaltige verdauen, was du lesend zu dir nimmst, und
es durch Nachdenken mehr in die Adern der Seele führen als in das
Gedächtnis. Dann wird dein Geist, mit aller Art geistiger Speise
ernährt, eine Rede aus sich selber erzeugen, welche nicht nach diesen
und jenen Blumen und Gräsern schmeckt, sondern nach dem Wesen
und der Neigung deines Gemüts. GErasmus v. Rotterdam.
22. Gegen das Gühnen.
1. Das Gähnen, lieber Sohn, es ist zwar unwillkürlich;
doch abgewöhnen mußt du dir's als ungebührlich.
2. Ich habe nie geseh'n, daß, wenn du auf den Zähnen
was Gutes hast zu kau'n, dir dabei kam das Gähnen.
z. Auch würde dir dadurch des Kauens Kraft entrissen,
und fallen möchte dir aus offnem Mund der Bissen.
Beim Lernen aber ist das Gähnen gleich erweckt;
ich sehe, daß es dir nicht wie das Essen schmeckt.
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