Full text: Deutsches Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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gebrochen sei. Es war in der Ordnung, es war nötig, die Zeit war 
gekommen, niemand fand etwas Außerordentliches darin. Die Söhne 
eilten zum Heer und schrieben vor dem Aufbruch ihren Eltern von 
dem fertigen Entschluß; die Eltern waren damit einverstanden, es 
war auch ihnen nicht auffallend, daß der Sohn selbstwillig tat, was 
er tun mußte. Wenn ein Jüngling sich zu einem der Sammel— 
punkte durchgeschlagen hatte, fand er wohl seinen Bruder bereits eben— 
dort, der von anderer Seite zugereist war; sie hatten einander nicht 
einmal geschrieben. 
Die akademischen Vorlesungen mußten geschlossen werden in 
Königsberg, Breslau, Berlin. Auch die Universität Halle, noch unter 
westfälischer Herrschaft, hörte auf; die Studenten waͤren einzeln oder 
in kleinen Haufen aus dem Tore nach Breslau gezogen. Auf den 
Gymnasien waren die Großen und Alten nicht immer für die besten 
Schüler gehalten worden, und mit geringer Achtung hatten die Lehrer 
nach den hinteren Bänken gesehen, wo die Recken mißvergnügt saßen. 
Jetzt waren sie die Beneidelen, der Stolz der Schule, herzlich druckten 
die Lehrer ihnen die Hand, und mit Bewunderung sahen die Jüngeren 
den Scheidenden nach. Nicht nur die erste bühende Jugend trieb 
es in den Kampf, auch die Beamten, unentbehrliche Diener des 
Staats, Richter, Landräte, Männer aus jedem Kreise des Zivil— 
dienstes. Schon am 2. März mußte ein königlicher Erlaß diesen 
Eifer einschränken, der die Ordnung und Verwaltung des Staats 
ganz aufzuheben drohte. 
Während die Preußen an der Weichsel in dem Drange der 
Stunde ihre Rüstungen selbständiger, mit schnell gefundener Ordnung 
und unerhörter Hingabe betrieben, wurde Breslau seit Mitte Februar 
Sammelpunkt für die Binnenlandschaften. Zu allen Toren der alten 
Stadt zogen die Haufen der Freiwilligen herein. Unter den ersten 
waren 13 Bergleute mit drei Lehrlingen aus Waldenburg, Kohlen— 
gräber, die ärmsten Leute. Ihre Mitknappen arbeiteten so lange 
umsonst unter der Erde, bis sie zur Ausrüstung für die Kameraden 
221 Taler zusammenbrachten. Gleich darauf folgten die ober— 
schlesischen Bergleute mit ähnlichem Eifer. Mit jedem Tage steigt 
der Andrang. Die Väter bieten ihre gerüsteten Söhne dar, unter 
den ersten der Geheime Kriegsrat Eichmann, der zwei Söhne, und 
der frühere Sekretär Bürde, welcher drei Söhne bewaffnete. Land— 
schaftssyndikus Elsner zu Ratibor stellt sich selbst und rüstet drei 
freiwillige Jäger, Geheimer Kommerzienrat Krause in Swinemünde 
sendet einen reitenden Jäger ganz ausgerüstet mit 40 Dukaten und 
dem Anerbieten, 20 Jäger zu Fuß zu rüsten und ein Jahr zu be⸗ 
solden und zehn Molden Blei zu liefern. Justizrat Eckart aus Berlin 
leistet auf sein Gehalt von 1450 Talern Verzicht und tritt als 
Kavallerist in Dienst; ein Rotkirch stellt sich selbst und zwei ausge— 
rüstete Leute zur Kavallerie, außerdem fünf Pferde seines Gutes zum 
Fuhrwesen.
	        
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