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wickelt, damit die zornigen Insekten, wenn sie ihre Umhüllung los sind,
ihren eigenen Rachekrieg gegen die Männer im Streitturm beginnen.
Gelingt es die Fallbrücke zu zerschmettern, welche vom obersten Stock—
werke des feindlichen Turmes auf die Mauer niedergelassen wird, so ist
die größte Gefahr abgewendet; und wird das oberste Stockwerk vom
d gesäubert, so ist der Streitturm verloren, den die Belagerten mit
Haken fassen, zerreißen und verbrennen. Gegen Katze und Tartsche wird
ebenfalls der Feuerhaken angewendet, um sie umzuwerfen und die Mann—
schaft mit Steinen und Balken zu zerschmettern. Die aber mit Leitern
die Mauern ersteigen oder einander emporhelfen, werden mit
möglichen Geschosse begrüßt, mit heißem Kalke und siedendem Wasser,
mit allem, was zur Hand ist, und bald stöhnen zerschmetterte und ver—
wundete Männer am Fuße der Mauer.
Mißlingt dem Feinde auf diese Weise jeder Versuch, so muß er
am Ende vom Sturme ablassen, und er hat nun kein anderes Mittel,
als die Stadt auszuhungern, vorausgesetzt, daß er sich selber Lebensmittel
zu verschaffen weiß So mußten z. B. Mailand, Tortona, Faenza, Vi—
terbo, Ankona und andere italienische Städte, nachdem sie der Kriegskunst
der Hohenstaufischen Friedriche tapfer und glücklich widerstanden, am
Ende, durch Hungersnot gezwungen, sich ergeben Hingegen fiel Jeru—
salem durch Sturm in die Hände der Kreuzfahrer, als den Männern
eines Streitturmes gelungen war, die Fallbrücke auf den Mauerkranz
niederzulassen; Konstantinopel hingegen nahmen die Kreuzfahrer 1204
durch einen Leitersturm. Indessen wird kaum ein Beispiel angeführt
werden können, daß eine etwas bedeutende deutsche Stadt vor der An—
wendung des Schießpulvers durch Sturm in die Feindeshand gefallen
wäre, wenn sie nicht durch Verrat geöffnet wurde, oder wenn nicht innere
Zwietracht die Bürger an rüstiger Verteidigung hinderte Bumüller.
41. Die wichtigsten Erfindungen des Mittelalters.
Die bedeutenden Veränderungen, welchen am Ende des Mittelalters
die Völker Europas entgegenreiften, sind teilweise die Folgen einiger
wichtigen Erfindungen dieser Zeit.
Hierzu ist besonders der Kompaß zu rechnen, dessen Erfindung
wir einem Italiener, Namens Flavio Gioja aus Amalfi, verdanken. Vor
dem Bekanntwerden dieses Instrumentes konnten sich die Seefahrer nicht
in den weiten Ocean hinauswagen, sondern mußten sich in der Nähe
der Küsten bewegen. Denn wenn sie sich auch bei Tage nach dem Stand
der Sonne und nachts nach den Sternen richteten, so waren sie doch bei
trüber Witterung völlig dem e preisgegeben. Erst nach dieser
wichtigen Erfindüng war das Weltmeer den sern erschlossen und
wurden jene großartigen Entdeckungen ermöglicht, durch welche das Ende
des 15. Jahrhunderts so sehr wichtig geworden ist — Der Kompaß be—
steht bekanntlich aus einer Magnetnädel, die auf einem Stift so befestigt
ist, daß sie sich frei bewegen kann. Durch die wunderbare licig