Full text: Größeres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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Mineralien zu verschaffen. Alte Tagelöhner, Schäfer, der Förster im 
Blasewitzer Tännicht, der Apotheker der Familie jn Dresden wurden seine 
Lehrer, die stets gern bereit waren, dem ene Knaben auf seine 
verständigen Fragen, soweit sie es vermochten, Auskunft zu geben. Aus 
den Büchern, die er las, machte er sich Auszüge, und schon in seinem 
zwölsten Lebensjahre begann er, sich Steine und allerhand andere Natu— 
ralien zu sammeln. 
Ällein je größer der Knabe wurde, desto mehr hielt ihn sein 
strenger Stiefvater dazu an, bei den häuslichen und ländlichen Arbeiten 
tüchtig mit zuzugreifen. Sobald er den Dreschflegel zu führen vermochte, 
mußte er im Winter mit den Knechten bis zum bidl dreschen. Im 
Herbst mußte er die Kühe hüten. Dabei verbarg gewöhnlich der Schür— 
Fenlatz neben der Butterbemme auch irgend ein Büuch, worin, ohne daß 
es der Stiefvater merken durfte, draußen studiert wurde. Außerdem waren 
ihm nur die Sonntagsnachmittage, sowie die kurze Zeit nach dem Abend— 
essen zum Lesen vergönnt. Freilich manchmal wurde auch ein trübe 
brennendes Ollämpchen oder die Stalllaterne mit ins Schlafkämmerlein 
genommen, um hier noch eine Zeit lang die Lektüre fortzusetzen. Aber 
ehe ihm, wenn ihn einial der Vater bei solchem Frevel erwischte, do 
setzte es sicherlich etwas, aber nichts Gutes. 
Als Palitzsch im Alter von 13 Jahren eines Abends in die Sed— 
litzer Mühle geschickt wurde, wohnte er zufällig einem Gespräche des Müllers 
it cinemn Manne bei, der dem Müller Unterricht im Zeichnen gab. Die 
beiden Männer standen vor der Hausthür und blickten nach dem Sternen— 
himmel, und man unterhielt sich von den Sternen, und insbesondere 
hon einem, der nicht, gleich den andern Sternen, seine Stelle am Himmel 
deränderte, sondern immer an derselben Stelle blieb und den der Zeichen⸗ 
lehrer „Polarstern? nannte. Der junge Palitzsch stand bescheiden von 
serne. Gern hätte er gewußt, wo dieser merkwürdige Polarstern am 
Himmel zu suchen sei, aber er getraute sich nicht zu fragen. Er wußte 
duch nicht einmal, in welcher Gegend er diesen Stern suchen sollte. Aber 
die brennende Wißbegierde des Knaben ruhte nicht eher, als bis er end 
ch nach vielem wiederholten vergeblichen Suchen den ihm so interessant 
erscheinenden Stern allein gefunden hatte. Dieser mühsame Fund machte 
ihm unbeschreiblich viel Freude und er spendete nun manche Nacht daran, 
um sich, von dem Polarstern ausgehend, immermehr auch mit den übrigen 
Sternen bekannt zu machen, die er sich nach eigenem Gutdünken zu 
Sternbildern gruppierte. Da er erfahren, däß es auch Bücher über 
Sternkunde gäbe, so erkundigte er sich einmal in Dresden bei einem Buch— 
händler nach einem derartigen Buche, und als er den venn gespart 
hatte, wurde das Buch gekauft und mit unendlicher Begierde und Genug— 
chuung gelesen. Nach und nach lernte er noch andere astronomische Bücher 
Und Sternlarten kennen, zu deren Ankauf er seine kleinen Ersparnisse 
verwendete. 
Im Jahre 1744 war Johann Georg Palitzsch, der bisher unter 
Vormundschaft gestanden hatte, mündig geworden, und es war nun für 
ihn die Zeit gekommen, wo er das bisher von Mutter und Stiefvater 
waltele väterliche Gut selbst zu übernehmen hatte. Vorher aber hei—
	        
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