Full text: Größeres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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an dem mit Dreimastern bedeckten Hugli, wo sich ein wirres Gewühl 
von Farben und Nationen kreuzt: Portugiesische Kapuziner und eng— 
lische Missionare, mahrattische Reiterhaufen und englische Soldaten— 
Ableilungen, vornehme Türken mit grünen Emirturhanen, die Finger 
mit kostbaren Ringen bedeckt, und arme persische Hausierer mit Körben 
voll h Siamesen mit zierlichen Schnitzarbeiten aus Elfenbein, 
und Chinesen, uͤber und über mit langen Reihen von Gemüsen bedeckt; 
halbnackte Malayen mit ihren Dolchen in dem bunt gewürfelten Gürtel, 
Ind Saskaren (indische Matrosen) mit kleinen roten, gestickten Kappen, 
hlauen Jacken und weißen Halbhosen; dazwischen junge englische, fran— 
polih Und portugiesische Eingeborene in der neuesten Modetracht; dann 
ritische Offiziere in den glänzenden Uniformen mit reizenden Damen in 
Phaetons und niedrige Häckerys (inländische Fuhrwerke) mit den Frauen 
3 Hindu; eine siene Lastträger mit Indigoballen und prächtige 
Palankine mit den Oberbeamten der Kompagnie; lange Kamelzüge und 
Radschas auf ihren Elefanten; vorbeimarschierende Wachen mit klingendem 
Spiele und eine Prozession von Parsi mit weißen Gewändern, mit 
Blumenkränzen geschmuückt; endlich ein Haufen berauschter englischer Ma— 
trosen, die sich zu boxen anfangen, während die Polizeisoldaten mit ge— 
zückten Säbeln Ruhe zu stiften bemüht sind!“ 
„Und daneben plätschern ruhig und leise die heiligen Wellen des 
klassischen Ganges und ne auf ihrem Rücken halbverbrannte, auf— 
n Leichen, welche oberhalb Kalkuttas am Manghat (Leichenver— 
rennungsplatz) liegen gelassen und von der Flut fortgeschwemmt wurden, 
dem nahen Meere zu. Hungrige Aasgeier sitzen darauf und halten ihre 
Abendmahlzeit. Die letzten Haxmonien eines Strauß'schen 
Walzers schlagen in teinster Harmonie von Eden-Garten (dem wunder— 
schonen öffentlichen Parke) herüber au unser Ohr; auf einem gerade 
eben uns vor Anker liegenden Kriegsschiffe spielt das Mu sikkorps: God 
Jave the Queen, und aus den Hindutempeln am andern Ufer dringt 
der grelle Ton der geweihten großen Seemuschel, welche vom Priester 
zur geblasen wird, und der dumpfe Schall der Gong (einer 
großen Metallscheibe) zum Zeichen, daß dem Hausgötzen das Abendopfer 
gebracht werde. Die raffinierteste Civilisation des 19 Jahrhunderts und 
die schmachvollste heidnische Finsternis zweier Jahrtausende wandeln Hand 
in Hand am Ganges.“ — Das schönste Viertel ist Tschauringhi, das in eine 
Reihe prächtiger Landhäuser und Gärten ausläuft. Die inneren Teile 
der Stadt haben enge Gassen, wo eine dichte Bevölkerung sich in kleinen, 
linnen Haͤusern zusammengedrängt. Im Norden schließt die schwarze 
ladt Palta) ein Gewirr enger und krummer Straßen, von Hindu, und 
Muhamedanern bewohnt. Sie bietet überwiegend den Eindruck der Arm— 
lichkeit: zwischen dürftigen Hütten aus Lehm oder Bambus sieht man 
Haͤufen von Unrat, dessen Wegräumung den sogenannten Sekretären 
oͤder Ajutanten überlassen bleibt. So steht neben dem größten Reich— 
um auch die unglaublichste Armut, und zwar nicht unter den Ein 
allein, sondern auch unter jener gar nicht geringen Klasse von 
upaern die als die ab und zuwogende Bevölkerung zu bezeichnen
	        
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