Full text: Größeres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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Man könnte einwenden, das Kapital werde aber in Maschinen und 
nicht als Arbeitslohn angelegt. Daß viel Kapital in Maschinen angelegt wird, 
ist wahr, und wenn Maschinen vom Monde gebracht würden, so wäre das 
für dieselben bezahlte Geld nicht für Arbeitslohn bezahlt worden; aber die 
Maschinen werden von Menschenhänden gemacht durch Menschenarbeit. Die 
Sache verhält sich, wenn die menschliche Arbeit durch Maschinen unterstützt 
wird, nur etwas anders. Handarbeit unterscheidet sich von der Maschinen— 
arbeit dadurch, daß man im ersteren Falle fast alles durch Menschenkraft 
exreicht, die Herstellung aber mühsam und die Menge des Hergestellten gering 
ist, bei der Maschinenarbeit sind weniger Menschenkräfte uͤnmittelbar bei der 
Herstellung beschäftigt, dafür bedarf es aber Arbeiter zur Verfertigung der 
Maschinen selbst und die Menge des Hergestellten ist bei weitem größer. 
Die Arbeit verteilt sich älso auf andere Arbeiterklassen, wie folgendes 
Beispiel zeigt. Nehmen wir an, ein Kapitalist wolle ein Kapital auf die 
Verfertigung von Strümpfen verwenden; wenn er sie mit den Händen stricken 
läßt, so geht sein Geld in Form von Löhnen an viele Strickerinnen hin; wenn 
er sie auf der Strickmaschine arbeiten läßt, so nehmen die Löhne eine andere 
Richtung. Ein Mann reicht hin, um die Maschine zu beaufsichtigen und ist 
allein bei der Verfertigung der Strümpfe beschäftigt, anstätt der vielen 
Strickerinnen, welche im andern Falle notwendig sind; aber die verschiedenen 
Personen, welche die Maschine gemacht haben, erhalten Lohn aus derselben 
Quelle. Unter diesen befinden sich Bergleute, welche Kohlen gruben, um 
das Eisen zu fabrizieren und Dampf für die Maschine zu asn Berg⸗— 
leute, welche das Erz gruben, Arbeiter, welche das Erz schmolzen und Eisen 
bereiteten, dann die verschiedenen Arbeiter, welche die Maschine verfertigten. 
Die Eisenarbeiter sind empört, wenn ein Teil ihrer Arbeiten von Maschinen 
verrichtet wird, und doch ist es nur durch das Maschinenwesen möglich, daß 
sie in so ausgedehnter Weise beschäftigt werden können. 
So ist kein Grund zu fürchten, daß das Maschinenwesen die Hand— 
arbeit vernichte und einen Teil der Menschheit in stand setze, sich von der 
Arbeit der anderen frei zu machen. In der That hat auch die Erfahrung 
gezeigt, daß das Maschinenwesen die Nachfrage nach Arbeit sehr vermehrt 
und die Lage der arbeitenden Klasse ungemein verbessert hat. Es hat ihnen 
einen Anteil am Vorteil des Maschinenwesens verschafft. Alle Waren sind 
durch die dn unn des Maschinenwesens in die Fabrikation viel billiger 
geworden, und ihre Menge hat sich ins Unglaubliche vermehrt. Dadurch ist 
ihre Verbreitung sehr gewachsen, so daß sie selbst der Arme kaufen kann. 
Das Vorurteil gegen die Maschinen hat von jeher bestanden und seine 
Opfer verlangt. Vor vier Jahrhunderten machte die neu erfundene Buch— 
druckerkunst viele Abschreiber brotlos, und doch beschäftigt jetzt der Buchdruck 
hundertmal mehr Arbeiter, als es im Mittelalter Abschreiber gab. Bis in 
den Anfang dieses Jahrhunderts hinein wurde mit der Handpresse gedruckt; 
da ersann Friedrich König, geboren zu Eisleben 1775, eine Maschine, welche 
viel schneller, viel billiger und statt mit Menschenhand mit Dampf druckte. 
Mit seinem Freunde Bauer, einem Mechaniker aus Stuttgart, vollendete er 
im Jahre 1811 die erste Schnellpresse. Am 29. November 1814 wurde die 
größte englische Zeitung, die Times (spr. Teims), zum ersten Male mit zwei 
Schnellpressen von König und Bauer gedruckt. 1817 errichteten die beiden
	        
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