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E. Über die Wechsel.
Ein Wechsel ist eine Art Schuldverschreibung, welche mit der Bezeichnung
„Wechsel“ versehen sein muß und für deren Annahme und Zahlung der Aussteller
wechselmäßig haftet. Wechsel ausstellen können nur wechselfählge Personen. Wechsel—
fähig ist jeder, welcher sich durch Verträge verpflichten kann. Durch die Ausstellung
eines Wechsels kann ein Schuldner viel strenger zur Erfüllung seiner Verbindlichleit
angehalten werden. Die Wechselstrenge gewährt ein schnelleres Prozeßverfahren und
bei Nichtzahlung die sofortige Beschlagnahme des Vermögens.
Das Ausstellen der Wechsel können z. B. folgende Geschäftsvorfälle veranlassen:
Gesetzt, es hat Ain Chemnitz von B in Warschau für 500 Rubel Waren er—
halten. Da Rubel in Chemnißz nicht gangbar sind, so würde es A schwer werden, in
Chemnitz 500 bare Rubel aufzutreiben; wollte A für 500 Rubel deutsches Geld nach
Warschau senden, so würde dieses sich dort wieder schwer ausgeben lassen. Auch würde
das Hin⸗ und Herschicken des baren Geldes erhebliches Porto verursachen und vielleicht
unsicher sein. Statt dessen wendet sich A an einen Bankier (O) in Chemnitz, zahlt
diesem eine den 500 Rubeln entsprechende Summe in deutschem Gelde und erhält dar—
über eine Bescheinigung (Wechsel). O, welcher mit anderen Bankiers in Warschau
in Verbindung steht, beauftragt einen derselben, D, für ihn die betreffende Summe
auszuzahlen und sie ihm in Rechnung zu stellen. A sendet nun den vom Banlier C
erhaltenen Wechsel an B in Warschau. Dieser zeigt ihn dem D vor und erhält gegen
seine Ablieferung von D den Betrag von 500 Rubel.
Ein anderer Fall ist folgender: Bäckermeister Ehnert in A. schuldet dem Ge—
treidehändler Wiesner in B. eine Summe von 600 Mark. Da Ehnert augenblicklich
nicht bezahlen kann, Wiesner aber das Geld notwendig gebraucht, so verlangt dieser
von jenem die Ausstellung eines Wechsels.
In dem erstern Falle dient der Wechsel zur Erleichterung des Verkehrs, in dem
andern bloß dazu, die Bezahlung einer Schuld auf einige Zeit hinauszuschieben.
Das Wesen des Wechsels wollen wir aus umstehendem Formular näher erkennen:
In diesem Formular finden wir die wesentlichen Erfordernisse, welche ein Wechsel
unbedingt enthalten muß. 1. die Angabe des Ortes, Monatstages und Jahres der
Ausstellung; d. i. hier: Döbeln, den 2. November 1890. 2. Die in dem Wechsel selbst
aufzunehmende Bezeichnung als Wechsel, d. i. gegen diesen „Prima-⸗Wechsel,“ Prima⸗
Wechsel, d. i. der erste Wechsel. Würde derselbe verloren gehen und ein Duplikat des⸗
selben auszustellen sein, so führte dies den Namen „Sekunda.“ 3. Die Angabe der
zu zahlenden Geldsumme, d. i 825 Mark. 4. ven Namen der Person oder die
Firma, an welche gezahlt werden soll, de Albert Börner. 5. Ven Namen der
Person oder die Firma, welche die Zahlung leisten soll, da Richard Spißner in
Zwickau. 6. Die Bestimmung der ZJahlungsfrift, da i zwei Monate nach heute,
also nach dem Tage, an welchem der Wechsel ausgestellt ist. 7. Die Unterschrift des
Ausstellers, d. i. Z Mar Fischer.
Bei dieser Art von Wechseln kommen sonach drei Personen vor:
1. Der Aussteller desselben, Max Fischer, in der kaufmännischen Sprache
auch Trassant (Ziehender) genannt. Der Wechsel selbst heißt auch eine Trauc vder
gezogener Wechsel.
2. Der Aceeptant oder Bezogene (Trassat), Richard Spitzner, welcher den
Wechsel annehmen und die Summe auszahlen soll. Der Acceptant bekennt sich zur
Annahme des Wechsels dadurch, daß er seinen Namen unter oder quer durch den
Wechsel schreibt.
3. Der Wechselnehmer oder Remittent, Albert Börner, welcher die Wechsel—
summe am Verfalltage zu empfangen hat. Da der Remittent sein Recht nach Belieben
einem dritten ꝛe. übertragen kann, so erhält der Wechsel dadurch die Fähigkeit, bis zum
Verfalltage aus einer Hand in die andere überzugehen und als Zahlüngsmittel benutzt
werden zu können. Die Übertragung jenes Rechtes von seiten des Wechselnehmers vder
derjenigen, welche nach und nach in den Besitz des Wechsels kommen, geschieht durch
eine Bemerkung auf der Rückseite des Wechsels. (Siehe Formular.) Diese Bemerkung nebst
dem Namen heißt das Giro (spr. Dschiro), und diejenigen, welche das Giro ausstellen,
heißen Giranten. Ein Indossament oder Giro ist auch schon giltig, wenn der Indos⸗