Full text: Lesebuch für Mädchenfortbildungsschulen

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95. Luft und Licht in Wohnräumen. 
Es ist heutzutage einem jeden gelaufig, dab unsero Atmosphãre 
oin Gemenge zweier Gase ist, von denen das eine, der Sauerstofsf, 
der etwa des Gemenges ausmacht, zur Erhaltung des Lebens 
durchaus notwendig ist. Auch sagt man kaum jemandem etwas 
Neues, wenn man bemerkt, das Leben sei ein Vorbrennungs- 
prozeß, bei welchem Sauerstoff verbraucht und Kohlensäure erzeugt 
wird, und daß dieses letztore Gas ein Gift, das heißt dom Leben 
schãdlich ist. 
Aus diesen allgemeinon Wahrheiten wird nun ohne weiteres 
geschlossen, daß in bowohnten Raumen die Luft sich vorschlechtere, 
weil der vorhandene Sauerstoff verbraucht werde und an seine 
Stello dio schadlicho Kohlensaure trete. Man gehe in den Wald, 
weil dort die Luft sauerstoffreicher sei und man darum besser 
atmen könne; man verlasss im Sommer die „kohlensäurereiche“ 
Atmosphare der Stadte um am Meere und auf den Bergon reinere, 
„Sauerstoffreichere“ Luft zu atmen, und man lüfte die Zimmer um 
neuen Sauerstoff einzulasson und die Kohlensaure zu entfernen. 
Und doch sind diess scheinbar so selbstverstandlichen und ein— 
fachen Folgerungen aus jenen allgemeinen Wahrheiten nicht richtig. 
Auch in dem schlechtestgelüfteten, dichtestbevölkerten Wohnzimmer 
ist dor Sauerstoffgehalt der Luft nicht merklich geringer als im 
Freion und die vielgerühmte Waldluft enthält kaum gtwas mehr 
Sauerstosf als dio Luft inmitten einer groben Stadt. Und ahnlich 
steht es mit der Kohlensäure. In der Luft ist immer etwas von 
diesem Gas enthalten, freilich sohr wenig: in 10000 Teilen Luft 
oetwa 3—4 Teile. In geschlossonen Räumen, in denen viole 
Menschen atmen, kann dieser Gehalt etwas steigen, bis auf 10/0 
oetwa. Soleh kleins Mengen sind aber vollkommen unschädlich. 
Es gibt Falle, wo sich viel gröbere Mengen von Kohlensäure 
der Luft beimischen. Bei der Garung des Weins 2. B. entsteht dieses 
Gas, indem dabei der Zucker des Traubensaftes durch die Ein— 
wvirkung der Hefe in Alkohol und Kohlensäure zerlegt wird; der 
Alkohol bleibt im Wein, die Kohlensäure aber — ein Gas — ver— 
breitot sich in der Luft, freilich langsam, weil sie schworer ist als 
atmosphãrischo Luft. VWenn nun grobe Mengen NMost in einem 
Kollor in Garung begriffen sind, dann Kann sich der Kohlensäure- 
gohalt der Kellerluft bis auf 1000 und darüber erheben, und solche 
Luft ist dann freilich zum Atmen für Menschen nicht mehr geeignet.
	        
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