Full text: Lesebuch für Mädchenfortbildungsschulen

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der Bayern oder einen Teil davon an Osterreich abtreten sollte; der Verlust 
des Innviertels nach dem Friedensschluß im Jahre 1779 blieb ein Stachel 
in ihren Herzen. Den neuen Kurfürsten Mar Joseph dagegen, dem der Ruf 
großer Ceutseligkeit und Liebenswürdigkeit voranging, begrüßten sie mit großen 
hoffnungen. Ihm vergaßen die Bayern nicht, daß er trotz seiner Geldnot 
ein österreichisches Geschenk ausgeschlagen hatte, das ihn den österreichischen 
Tauschplänen geneigt machen sollte. So war denn auch der erste Gruß 
und Handschlag, der ihm bei seinem Einzug in München durch einen ein— 
fachen Bierbrauer, den riesigen Kaltenegger⸗Vräu, dargebracht wurde: „Na 
Marl, weil du nur da bist,“ der Ausdruck der allgemeinen Volksstimmung. 
In froher Erwartung sah man einer besseren Zukunft entgegen. 
Mar Joseph, 1756 zu Mannheim als Sohn des Herzogs Friedrich 
Michael geboren, der als Reichsfeldmarschall im siebenjährigen Krieg 
bekannt geworden war, hatte von haus aus wenig Aussichten jemals auf 
einen Thron zu gelangen Er nahm daher die Aufforderung zum Eintritt 
in französische Kriegsdienste an und wurde 1779 Oberst des in Straßburg 
garnisonierenden Regiments Elsaß“, das schon sein Vater kommandiert 
hatte. In Straßburg verlebte er glückliche Jahre und machte sich allent— 
halben durch Witz und humor, durch Liebenswürdigkeit und Wohttätigkeit 
beliebt. Sein Undenken lebt dort heute noch fort. Vor den Stürmen der 
Revolution zog er sich nach Rohrbach an der Bergstraße zurück. Die 
Regierung von Zweibrücken, die ihm durch den Tod seines Bruders 1795 
zufiel, konnte er nicht antreten, da das Cand durch die Franzosen besetzt war, 
und als er nach dem Tod Karl Theodors 1799 Uurfürst von Bayern 
wurde, überfluteten die sterreicher auch diesen Staat, während die Franzosen 
den Rhein überschritten. Mar Joseph ließ seine Truppen an der Seite der 
sterreicher gegen die Franzosen kämpfen. Alleim im Frühjahr 1800 fielen 
diese in Bayern brandschatzend ein, besetzten im Juni München und die 
kurfürstliche Familie mußte in Amberg, späten n Bayreuth Schutz suchen. 
Die Schlacht von hohenlinden im Dezember 1800, in der die Franzosen 
den Erzherzog Johann aufs haupt schlugen, beendete den Krieg. Es erfolgte 
der Friede zu Luneville, aber welch ein Friedel Das Deutsche Reich verlor 
150 Quadratmeilen mit beinahe 31 Millionen Einwohner. Die Gebiete 
auf dem linken Rheinufer wurden das Eigentum der französischen Republik 
und der Wille Napoleons galt als Gesetz in ganz Europa. Auch der nach 
München zurückgekehrte Kurfürst, dem sein Anschluß an sterreich so übel 
bekommen war, und der dazu unter der Hand von neuen Unschlägen 
sterreichs gegen sein Land Kenntnis erhalten hatte, unterzeichnete im 
Uugust 1801 den ihm von Napoleon angebotenen Vertrag mit Frankreich 
und von nun an geriet die bayerische Politik für längere Zeit in das 
französische Fahrwasser.
	        
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