Full text: Nürnberger Fortbildungsschullesebuch

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welchem eine Offnung als Fenster und zugleich als Rauchfang für den 
Herd diente. Dieser Raum wurde von allen Hausbewohnern, Herren und 
Knechten, als Aufenthaltsort benutzt. Man schlief auf dem Fußboden, 
nachdem man sich daselbst ein Strohlager bereitet hatte, der Herr unter 
seinen Knechten, die Frau mit den Mädchen des Gesindes in einem 
besonderen Raume. 
Nach und nach erst stellten sich einige Zimmergeräte ein. Die ersten 
sind Tische und Stühle oder Schemel, dann kofferartige Truhen, Teppiche 
zum Verhängen der Wände und Türen, auch besonders eingerichtete Betten, 
die aus Gestellen mit darauf gelegten Kissen und Matratzen bestanden. 
Allmählich fing man an den einen Raum des Hauses in mehrere zu 
teilen, zuerst bei Rittern und Vornehmen, dann auch in Bürger— und 
Bauernhäusern. Das Gemach für die Frauen führte dann einen besonderen 
Namen: Kemenate. Der Hauptraum war die Halle, die nicht nur bei 
festlichen Gelegenheiten sondern täglich die Hausbewohner zum Essen und 
geselligen Beisammensein vereinigte. Dieselbe war schon um das Jahr 600 
bei Fürsten und Häuptlingen mit Säulen, vergoldeten Deckengewölben 
und marmornen Fußböden geschmückt. Etwa um diese Zeit begann auch 
der Gebrauch der Glasscheiben für die Fenster, zunächst allerdings nur 
für die Kirchen, allgemeiner zu werden. Vorher hatten sich die Bürger— 
und Bauernhäuser zum Verschließen der Fenster verschiedener Stoffe, wie 
Tuch, Hornplatten, Weidengeflecht, Holzgitterwerk, Olpapier oder Marien— 
glas bedient. 
Je kunstvoller das Handwerk ausgebildet wurde, desto reichhaltiger 
begann auch die Zimmerausstattung zu werden. Freilich barg das Innere 
der Wohnungen der gewöhnlichen Bürger in der Zeit vor dem 16. Jahr— 
hundert immer noch eine recht einfache Einrichtung. Auf häusliches 
Behagen, auf den Tand und die Zier des ruhigen Hinlebens im Kreise 
der Familie verwandte der deutsche Bürger bis dahin verhältnis mäßig 
wenig Sorgfalt. Ihn beschäftigte sein Gewerbe, dessen Betrieb er gern 
über weitere Kreise ausdehnte, sein Stand, an den sein Wohl und Wehe 
geknüpft war, und die Stadt, mit der er stand und fiel. Ein Wohn— 
zimmer aus einem deutschen Bürgerhause um das Jahr 1500 dagegen 
hatte schon ein recht behäbiges und wohnliches Aussehen. Die Decke ist 
in Holz reich geschnitzt und in Felder geteilt; die Wände sind entweder 
mit Holztäfelung versehen, die ebenfalls reiches Schnitzwerk aufweist, oder 
mit kunstvollen Teppichen verhängt. Die Fenster bilden tiefe Nischen in 
den dicken Mauern und sind aus kleinen runden oder viereckigen, in Blei 
gefaßten Scheiben gebildet, die entweder in der Mitte erhöht oder bunt 
bemalt sind und mannigfache Wappenschilder in verschiedenen Farben 
zeigen. Die eine Wand ziert ein großer Kamin, dessen Gesims mit
	        
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