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der sprang schnell auf, und mit den Streichen hatte auch ein jeder
seine Füße wieder. Des waren sie alle froh, schenkten dem Reiter
ein gutes Trinkgeld und nahmen sich vor, in Zukunft vorsichtiger mit
ihren Füßen zu sein.
Die deutschen Volksbücher.
Gustav Schwab.
67. TiIl Eulenspiegel.
1. Eulenspiegel als Seiltänzer.
Als Eulenspiegel so weit war, dab er ein Handwerk er-
lernen Konnte, zeigte er recht wenig Lust dazu, obwohl seine
Mutter und er alles verzehrt hatten, was sie besaben, und es am
nõötigsten feblte. Dafür lernte er mancherlei Gaukelei. So ũbte
er sich, auf dem Seile zu gehen, das er sich auf dem Boden des
Hauses gezogen hatte; denn seine Mutter mochte derlei Torheiten
nicht leiden. Aber sie erwischte ihn doch einmal und wollte ihn
miĩt einem Knüttel schlagen; doch Eulenspiegel, behend wie er
war, entsehlüpfte dureh die Luke auf das Dach, daß sie ihn
nieht erreichen Konnte.
Spãterhin spannte er einmal das Seil oben von dem Giebel
seines Hauses über die Saale nach dem gegenüberliegenden
Haus. Da saß er nun auf dem Seile und trieb allerband Späße,
und die Leute liefen herbei, um das seltsame und wunderliche
Schauspiel zu sehen. Seine Mutter merkte das, und da sie ihn
doch nicht erreichen Konnte, schlich sie auf den Boden und
schnitt, just als Eulenspiegel gerade die tollsten Späbe machte
und mit seinen Künsten vor aller Welt prahlte, das Seil entzwei.
Da plumpste Eulenspiegel ins Wasser. Darũüber lachten die Bauern
unbändig; die Jungen schrien und johlten und riefen ihm zu,
er solle sich nur tüchtig baden, nötig hätte er's. Das unfreiwillige
Bad verdrob Eulenspiegel weniger als das Gespött und Geschrei
der Buben und das Gelächter der Zuschauer, und indem er sich
anschickte, so gut er es LKonnte, ein wirkliches Bad zu nehmen,
überlegte er schon, wie er es ihhen wieder heimzahlen Konnte.
Wie er das machte, Konnte man kurze Zeit darauf sehen.
Aufs neue zog er ein Seil von einem Hause zu einem andern
und gab im Dorfe Bescheid, daß er abermals auf dem Seile tanzen
wolle. Da kam denn auch eine Menge Volks, jung und alt, und
Eulenspiegel bat die Jungen, dab ihm ein jeglicher seinen linken
Schuh gebe; er wolle ihnen ein hübsches Kunststück auf dem