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frbeitslöhne herunter, und wenn das nicht mehr geht, werden sie alle beide
Bankrott machen, einer aber sicher.“
in hßerborn war nämlich die Bevölkerung von einer großen Baulust
erfaßt worden. krüher hatten alle sehr bescheiden gewohnt; aber nach
dem Kkriege von 1870 hatten einige Bürger sich schöne häuser gebaut;
nun sahen die alten teilweis wirklich baufälligen häuser der andern so
schlecht daneben aus, daß alle bauen wollten. finige gute Ernten unter—
stützten die Baulust und die Heubauten wurden alle größer und prächtiger
als die alten hãuser gewesen waren; denn ein sjeder glaubte, daß er in
Zukunft einige IZimmer mehr brauche. Der eine wollte eine gute Stube
für Bbesuche haben; der andere meinte, sein Fohn, der das 69mnasium
besuchte, könne nicht mehr in der gemeinschaftlichen Dohnstube arbeiten,
kurz, die Bedürfnisse waren eben gestiegen. Kein Dunder also, daß die
alte Ziegelei diese große Nachfrage nach Ziegeln nicht mehr befriedigen
konnte, und da an Ziegelton im ganzen Westen der Stadt kein Mangel
war, so fand sich hald semand bereit eine zweite Ziegelei zu errichten.
Zunãächst verschlang ihr Bau selbst schon eine Unmenge von Ziegeln, was
der älteren zugute kam, und als sie fertig war, hatten auch beide noch
lange Zeit ihr schönes Huskommen; denn die Nachfrage blieb immerfort
eine starke. Insofern hatte sich also der alte Müller geirrt. Es dauerte
aber gar nicht lange, so wurde eine dritte und gar eine vierte Ziegelei
angelegt. HAuch ihre Unternehmer glaubten bei den gesteigerten Hohnungs-—
bedürfnissen und bei der großen Nachfrage nach Ziegeln noch erfolgreich
in den Dettbewerb eingreifen zu können. NHun kam aber der alte Müller
doch zu seinem Recht. Die vier Ziegeleien machten mehr Ziegel, als der
Bedarf des Städtchens und der erreichbaren Nachbarschaft erforderte. Sie
berbesserten z2war ihre Fabrikationsweise, sobiel sie konnten, um die Selbst—
kosten herabzusetzen, aber schließlich fingen sie doch an sich gegenseitig zu
unterbieten. So kamen sie zu Schleuderpreisen, bei denen sie auch keine
ordentlichen Löhne und sehälter mehr zahlen konnten. Nach einigen Jahren
hatten sie sich durch ihren eigenen seschäftsneid in Dermögensverfall gebracht;
sie standen still und die von ihnen herangezogenen Hrbeiter waren brotlos.
„übermäßige Konkurrenz,“ sagte der alte Müller — und nun hörte
man auf ihn — „schadet immer mehr, als sie nützt. Die Ziegel hatten
wir wohl eine Zeitlang billig genug, aber die Bauten sind dadurch auch
immer größer geworden und die guten Stuben waren eigentlich recht
überflüssig.“
j. Mahraun.
71. Die Mehrwirtschaft oder Gesellschafts-Wirtschaft.
In der östlichen Schweiz und den angrenzenden Gebirgsgegenden
von Deutschland und Ästerreich beschäftigt die Stickerei viele Tausende