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zwischen Osterreich und Preußen verschärfte sich mehr und mehr. Da sah
Marximilian seine Aufgabe darin, eine vermittelnde Stellung einzunehmen,
den Frieden unter den deutschen Kabinetten zu erhalten. Bayerns
geographische Lage und die alte Familientradition wiesen den Fürsten
zunächst an sterreich; aber nie gab er einer andern deutschen Regierung
Anlaß zu berechtigter Klage. Bayern nahm eine geachtete, ehrenvolle
Stellung im deutschen Bunde ein, weil Fürsten und Völker sich überzeugt
hatten, daß Bayerns RKönig es ehrlich und treu meine mit dem Wohl des
eigenen Staates wie mit der Ehre des großen gemeinsamen Vaterlandes.
Seine Wüůnsche und Hoffnungen glaubte Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
keinem treueren Freunde anvertrauen zu können als dem Schüler Schellings,
der den Staat als sittlichen Organismus auffaßte, der vom Gefühle seiner
Verantwortlichkeit tiefst durchdrungen, „das Gewissen auf dem Throne“ war.
„Mögen in den wichtigeren Dingen,“ schreibt einmal Friedrich Wilhelm
an Maximilian, „unsere Gedanken stets sich suchen und finden und ihre
Vereinigung für Deutschland und die rechte, gute Sache das werden, was
die „doppelte Elektrizität“ ist, — denn während die einfache Elektrizität
nichts als einen kalten Funken zeugt, so schlägt die doppelte wacker durch
und kann sich sogar bis zum Blitze steigern. In die Verwesung der
Zustände Deutschlands hinein gehört ein zündender, lebenerzeugender Blitz
aus Königshänden!“
Maximilian war ein Mann von tiefer Religiosität. „Darauf soll
bei der Wissenschaft, bei aller sonstigen Freiheit gesehen werden,“ heißt es
in einer vom Bönig selbst herrührenden Aufzeichnung, „daß die Achtung
vor göttlicher und staatlicher Ordnung stets gewahrt bleibe, daß der Mensch
das Menschliche dem Göttlichen unterzuordnen habe.“ Dabei war er jedoch
weit entfernt die Freiheit der Forschung hindern und hemmen zu wollen.
Ihm war die Wahrheit ein göttliches Licht; wie sollte sie je gegen ihren
Urheber zeugen können!
Den historischen Studien war er besonders zugetan. Auf seine An⸗
regung entstand eine Reihe Schriften, welche für die bayerische wie für die
deutsche Geschichte wertvoll sind. Im Frühjahr 1858 regte Leopold von
Ranke, der Altmeister deutscher Geschichtswissenschaft, dem der König mehr
als Gönner, ein warmer, aufrichtig bewundernder Freund war, den Plan
zu einer Schöpfung von allgemeinerer Bedeutung an: den Plan zu einer
Akademie, die ein Mittelpunkt für die deutsche Geschichtsforschung werden
sollte. Sofort erklärte sich der König bereit, bedeutende Summen aus
seiner Privatkasse für Dotation ) eines solchen Unternehmens zu bewilligen.
Im Vamen des Königs erging die Einladung an die Fachgelehrten; alle
antworteten auf den Aufruf mit freudiger Zustimmung und bald tagte
9 Ausstattung mit Einkünften.