Full text: Nürnberger Fortbildungsschullesebuch

pp — 311 S h 
zwischen Osterreich und Preußen verschärfte sich mehr und mehr. Da sah 
Marximilian seine Aufgabe darin, eine vermittelnde Stellung einzunehmen, 
den Frieden unter den deutschen Kabinetten zu erhalten. Bayerns 
geographische Lage und die alte Familientradition wiesen den Fürsten 
zunächst an sterreich; aber nie gab er einer andern deutschen Regierung 
Anlaß zu berechtigter Klage. Bayern nahm eine geachtete, ehrenvolle 
Stellung im deutschen Bunde ein, weil Fürsten und Völker sich überzeugt 
hatten, daß Bayerns RKönig es ehrlich und treu meine mit dem Wohl des 
eigenen Staates wie mit der Ehre des großen gemeinsamen Vaterlandes. 
Seine Wüůnsche und Hoffnungen glaubte Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 
keinem treueren Freunde anvertrauen zu können als dem Schüler Schellings, 
der den Staat als sittlichen Organismus auffaßte, der vom Gefühle seiner 
Verantwortlichkeit tiefst durchdrungen, „das Gewissen auf dem Throne“ war. 
„Mögen in den wichtigeren Dingen,“ schreibt einmal Friedrich Wilhelm 
an Maximilian, „unsere Gedanken stets sich suchen und finden und ihre 
Vereinigung für Deutschland und die rechte, gute Sache das werden, was 
die „doppelte Elektrizität“ ist, — denn während die einfache Elektrizität 
nichts als einen kalten Funken zeugt, so schlägt die doppelte wacker durch 
und kann sich sogar bis zum Blitze steigern. In die Verwesung der 
Zustände Deutschlands hinein gehört ein zündender, lebenerzeugender Blitz 
aus Königshänden!“ 
Maximilian war ein Mann von tiefer Religiosität. „Darauf soll 
bei der Wissenschaft, bei aller sonstigen Freiheit gesehen werden,“ heißt es 
in einer vom Bönig selbst herrührenden Aufzeichnung, „daß die Achtung 
vor göttlicher und staatlicher Ordnung stets gewahrt bleibe, daß der Mensch 
das Menschliche dem Göttlichen unterzuordnen habe.“ Dabei war er jedoch 
weit entfernt die Freiheit der Forschung hindern und hemmen zu wollen. 
Ihm war die Wahrheit ein göttliches Licht; wie sollte sie je gegen ihren 
Urheber zeugen können! 
Den historischen Studien war er besonders zugetan. Auf seine An⸗ 
regung entstand eine Reihe Schriften, welche für die bayerische wie für die 
deutsche Geschichte wertvoll sind. Im Frühjahr 1858 regte Leopold von 
Ranke, der Altmeister deutscher Geschichtswissenschaft, dem der König mehr 
als Gönner, ein warmer, aufrichtig bewundernder Freund war, den Plan 
zu einer Schöpfung von allgemeinerer Bedeutung an: den Plan zu einer 
Akademie, die ein Mittelpunkt für die deutsche Geschichtsforschung werden 
sollte. Sofort erklärte sich der König bereit, bedeutende Summen aus 
seiner Privatkasse für Dotation ) eines solchen Unternehmens zu bewilligen. 
Im Vamen des Königs erging die Einladung an die Fachgelehrten; alle 
antworteten auf den Aufruf mit freudiger Zustimmung und bald tagte 
9 Ausstattung mit Einkünften.
	        
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