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Die Leute, die umherstanden, lachten, klatschten in die Hände
und riefen: „Ertappt, ertappt!" Der Roßdieb mußte das Pferd
wieder zurückgeben und wurde zur verdienten Strafe gezogen.
„So schlau und fein ein Dieb auch ist,
Er stößt einmal auf größ're List."
Christoph v. Achmid.
178. Der beladene Esel.
Ein Esel, der einen Sack mit Salz auf seinem Rücken
trug, musste durch einen tiefen Bach gehen. Mitten in dem¬
selben strauchelte er und fiel ins Wasser. Als er wieder auf¬
stand, merkte er, dass seine Last viel leichter geworden war;
denn ein grosser Teil des Salzes hatte sich im Wasser auf¬
gelöst. „Das will ich mir merken!“ sprach er vergnügt vor
sich hin.
Am andern Tage hatte der Esel einen nicht sehr schweren
Sack mit Schwämmen zu tragen. Als er nun wieder durch
ein Wasser kam, legte er sich absichtlich nieder; denn er dachte
sich so die Last noch leichter zu machen. Aber wie hatte er
sich verrechnet! Die Schwämme waren durch das eingesogene
Wasser so schwer geworden, dass er seine Bürde nur mit grösster
Anstrengung fortbringen konnte.
Nach Äsop. Deutsches Lesebuch v. Aug. Engelien u. H. Fechner.
179. Der Esel und der Wolf.
Ein Esel begegnete einem hungrigen Wolfe. „Habe Mitleiden
mit mir," sagte der zitternde Esel; „ich bin ein armes, krankes
Tier; sieh nur, was für einen Dorn ich mir in den Fuß ge¬
treten habe!"
„Wahrhaftig, du dauerst mich!" versetzte der Wolf. „Und ich
finde mich in meinem Gewissen verbunden, dich von diesen Schmerzen
zu befreien." —
Kaum war das Wort gesagt, so ward der Esel zerrissen.
Lessing.