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geradeso, wie es für den Stand und Rang eines jeden paßte.
Als alle fertig waren, flog der ganze muntere Chor laut singend
und trillernd zum Himmel empor, Gottes Lob und Ehre ver¬
kündend. Nur ein kleines, unscheinbares Voglern war ver¬
gessen worden, das war der Stieglitz. Ein Puterhahrr hatte
ihn mit seinem radsörmigen Schwänze ganz verdeckt, und so
hatte der liebe Gott den kleinen Schelm übersehen. Als er
nun hervorkam aus seinem Winkel, war die Farbe fast ganz
verbraucht. Traurig sah der Stieglitz bald in die leeren Farben-
töpschen, bald zum lieben Herrgott auf. „Warte, du armer
Kleiner," sagte Gott, „du sollst doch nicht ganz leer ausgehen,"
und sing an, aus allen Töpfchen und Schüsselchen die letzten
Farbenreste auszutupfen und auf des Vögleins Wams zu
streichen.
Da war noch etwas Weiß und Blau
von der Frau Schwalbe und dem Pfau.
Davon bekam das Röcklein noch einige Streifen, und der
Stieglitz schillerte bald in allen Farben. Aber immer entdeckte
er noch einen Farbenrest und bat:
„Ach, Herr, noch dieses Schwarz vom Raben
und jenes Goldgelb möcht' ich haben."
Und der Herr gab ihm auch das noch. Der Stieglitz
war aber noch nicht zufrieden. Er erspähte in einem zer¬
brochener: Schälchen noch etwas Rot und bat abermals, ihm
auch hiervon ein klein wenig zur Verzierung seines Röckchens
zu gebe::.
Da lachte der Herr und gab dem Fex
noch auf den Kopf einen roten Klecks.
Vergnügt besah nun der Stieglitz sein buntes Röckchen und
zwitscherte dem Herrn seinen Dank. Dann flog er eiligst da¬
von, um die andern Vögel wieder einzuholen.