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Bergleute töten, oder es sind erstickende Luftarten, die plötzlich aus ge¬
öffneten Spalten hervordringen und die Arbeiter ersticken. Auch stürzen
manchmal Erdbauten durch nachlässige Stützung oder durch Erschütterung
ein, und die Arbeiter werden lebendig begraben.
Dies alles hat namentlich in früheren Zeiten bei den Bergleuten eine
reiche Quelle zu Aberglauben, zu vieler Sage und Dichtung gegeben. Da
erzählen sie denn von mancherlei neidischen Berggeistern, Zwergen und
Kobolden, die in den Berghöhlen das Erz und die Schätze bewachen, die¬
selben den Menschen mißgönnen, daher den Bergmann vielfach an der
Arbeit hindern und ihm viel Übles zufügen. Auch glaubten andere wieder,
daß wohlthätige Feeen und Geister ihnen helfen. Allein der fromme und
erfahrene Bergmann weiß wohl das Märchen von der Wahrheit zu unter¬
scheiden, und indem er die Gefahren zu vermeiden sucht, vertraut er auf
Gott, den Schutz und Hort aller Menschen, und betet zum Herrn jedes¬
mal, wenn er ins Bergwerk einfährt. Barthel.
74. Wie Rübezahl Holz fahren hilft.
Ein armer Bauersmann hatte sich ein wenig Holz im Gebirge zu¬
sammengelesen, in der Hoffnung, solches bei guter Schneebahn bequem
hinunterzubringen. Da der Winter aber strenge war und dabei wenig
Schnee fiel, mußte er mit Weib und Kindern große Kälte ausstehen. In
solcher Not ging er in den Busch, um viel oder wenig Holz, so gut es ihm
möglich sei, nach Hause zu schaffen. Wie er so recht in Gedanken dastand
und keinen Rat wußte, das Holz den Berg hinunterzubringen, kam
unverhofft ein Mann mit einem Schlitten auf ihn zn und fragte, was
ihm fehle. Der Bauer klagte seine Not. „Seid ohne Sorge," entgegnete
Rübezahl — denn dies war der andere — „helft nur das Holz auf
den Schlitten packen, dann will ich Euch hinunterhelfen." Da luden sie
beide Schlitten, Rübezahls und des Bauers, voll auf. Rübezahl hieß ihn
getrost bergab fahren und folgte ihm nach. Das ging wie der Blitz; ehe
sich's der Bauer versah, waren sie unten. Rübezahl half ihm die Schlitten
bis vor das Haus schieben, trat in die Stube und nahm vorlieb mit dem,
was ihm die guten Leute, die an dem vielen Holze große Freude hatten,
bereitwillig auftrugen. Der Bauer gab ihm auch einige Groschen für
seine Mühe und würde ihm diese gern besser bezahlt haben, wenn er's
hätte. Zwei hübsche Kinder, welche in der Stube herumsprangen, gefielen
Rübezahl besonders wohl. Er rief das eine, einen muntern Knaben,
freundlich zu sich, zog ein paar Kügelchen aus der Tasche und sagte:
„Sieh, was ich dir zum Spielen schenke!" Der Knabe griff beherzt zu,
und weil das andre Kind so verlangend danach blickte, aber nicht anzu¬
kommen wagte, warf ihm Rübezahl gleichfalls so ein paar Kügelchen in