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untergehen, und am folgenden Morgen kommt sie wieder am entgegen¬
gesetzten Punkte im Osten hervor. Allein dies ist eine bloße Täuschung.
Nicht die Sonne läuft um die Erde, sondern die Erde läuft um die Sonne,
indem sie sich dabei immer um sich selbst dreht. Durch die Bewegung der
Erde um sich selbst entstehen die Tageszeiten, durch die Bewegung der
Erde um die Sonne entstehen die Jahreszeiten.
Der liebe Nachbar und getreue Freund unserer Erde ist der Mond.
Mit seinem blassen, freundlichen Gesicht kommt er im Osten herauf und
schaut unverwandt zur Erde hernieder, als wolle er sie bewachen in der
schweigenden Nacht. Weil der Mond nur 50000 Meilen von der Erde
entfernt ist, so erscheint er uns auch so groß, obgleich er wohl der kleinste
von allen Himmelskörpern ist, die wir sehen können; denn seine Größe
beträgt nur etwa den fünfzigsten Teil der Erde. Aber dessenungeachtet
ist er immer noch eine ungeheure Kugel, ein Weltkörper, wie die anderen
Sterne, der Raum genug hat für zahllose Wesen, die auch dort wohl
Gottes Güte erschaffen hat, daß sie sich des Daseins erfreuen.
Der Mond bewegt sich um die Erde; aber erst in einem Zeitraum
von einem Monat vollendet er diese Bahn, und mit der Erde geht er zu¬
gleich auch um die Sonne. In derselben Zeit, die er zu seinem Laufe um
die Erde braucht, dreht er sich auch einmal um sich selbst herum. Da er
nun, wie unsere Erde, ebenfalls von der Sonne Licht und Wärme bekommt,
so dauert der Tag auf dem Monde etwa einen halben Monat und eben
so lange die Nacht. In dieser langen Nacht leuchtet ihm unsere Erde,
die ihm aber in viel größerer Pracht erscheinen mag, als er uns, da sie
so viel größer ist.
Der Mond ist nicht immer in gleicher Gestalt am Himmel zu sehen. "
Bald erscheint er — und dann ist er am schönsten — als eine volle Scheibe;
bald ist diese Scheibe nur zur Hälfte zu sehen und nimmt mit jedem Tage
ab, so daß man später nur einen schmalen, glänzenden Rand in Gestalt
einer Sichel wahrnimmt, und einige Tage später ist der Mond gar nicht
am Himmel zu sehen. Diese Verschiedenheit in der Erscheinung des
Mondes nennt man den Mondwechsel, und die Ursache davon liegt in
seiner Bewegung um die Erde, weshalb denn auch alle verschiedenen Ge¬
stalten des Mondes innerhalb eines Monats vorkommen.
Alle die Tausende von Sternen, von denen wir mit bloßen Augen
doch nur erst die wenigsten erblicken, sind ungeheure Weltkörper wie unsere
Sonne, zum Teil aber noch viel größer als sie. Man nennt sie Fixsterne,
weil sie auf ihrem Platze feststehen und daher ihre Stellung zu einander
nicht verändern, sie scheinen uns aber aus- und unterzugehen wie die Sonne,
weil unsere Erde sich dreht.
Weil man die Sterne wegen ihrer außerordentlichen Menge nicht alle
mit besonderen Namen bezeichnen kann, so hat man, um sich einigermaßen
am Himmel zurecht finden zu können, mehrere zusammengefaßt und diesen